Beschluss
der 159. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder
Am 18./19. November 1999 in Görlitz I. 1. Die Innenminister und -senatoren der Länder begrüßen die
Beschlüsse des Europäischen Rates von Tampere und fordern eine zügige Harmonisierung
des Asylrechts in der Europäischen Union mit einer gerechten Lastenverteilung.
2. Die Kosovoflüchtlinge müssen zügig zurückgeführt
werden. Die Innenministerkonferenz begrüßt das vom Bundesminister des Innern erzielte
Verhandlungsergebnis mit UNMIK und das Memorandum of Understanding. Die Innenminister und
-senatoren schaffen unverzüglich die Voraussetzungen, dass im nächsten Frühjahr die
Rückführung der Kosovo-Albaner in erheblichem Umfang erfolgen kann. Die Rückführung
muss im nächsten Jahr im Wesentlichen abgeschlossen werden.
3. Der Aufenthalt von abgelehnten Asylbewerbern sollte
konsequent beendet werden. Wegen der langen Gesamtdauer der Verfahren und der
Schwierigkeiten bei der Rückführung durch fehlende Papiere oder durch die Weigerung der
Herkunftsländer, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, kann die zeitgerechte
Rückführung in vielen Fällen nicht erfolgen.
Es wird eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärs-Ebene
eingesetzt, die Vorschläge für die Lösung dieser Probleme erarbeitet.
II. 1. Die Innenminister und
-senatoren von Bund und Ländern sind sich weiterhin darüber einig, dass im Rahmen des
geltenden Ausländer- und Asylrechts verfügte Rückführungen von Ausländern ohne
Bleiberecht grundsätzlich konsequent vollzogen werden müssen. Im Hinblick auf den nach
wie vor zu hohen Zugang von Asylbewerbern, die aus wirtschaftlichen Gründen und nicht
wegen drohender politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen und nach Deutschland kommen,
bekräftigen die Innenminister den Grundsatz, dass unbegründete Asylbegehren nicht zur
Erlangung eines dauerhaften Aufenthalts im Bundesgebiet führen dürfen.
2. In einzelnen Ausnahmefällen, wenn Familien oder
Alleinstehende mit Kindern betroffen sind, die sich schon lange auf Grund des vor dem 1.
Juli 1993 geltenden Rechts in Deutschland aufhalten und faktisch integriert sind, soll
dies jedoch nicht zu vermeidbaren Härten führen. Vor diesem Hintergrund wird der
Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 29.
März 1996 mit den in Nr. 3.1 und Nr. 3.5 genannten Stichtagen auf der Grundlage des § 32
des Ausländergesetzes fortgeschrieben und redaktionell angepasst.
3. Im Einzelnen gelten folgende Kriterien:
3.1 Asylbewerberfamilien und abgelehnten
Vertriebenenbewerbern mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern kann der weitere
Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet werden, wenn sie vor dem 1. Juli 1993 eingereist
sind, seitdem ihren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet gefunden und sich in die hiesige
wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingefügt haben. Dabei muss der
Ausländer mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben,
das sich seit dem 1. Juli 1993 oder seit seiner Geburt im Bundesgebiet aufhält. In die
Regelung können auch die während eines Aufenthalts im Bundesgebiet volljährig
gewordenen Kinder einbezogen werden, die eine Ausbildung durchlaufen, die zu einem
anerkannten Bildungs- bzw. Ausbildungsabschluss führt, oder die bereits beruflich
eingegliedert sind.
Diese Regelung soll die Personen betreffen, die trotz der
Ablehnung des Asylantrags aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen Deutschland nicht
verlassen haben. Deshalb scheidet ein Verbleib aus, wenn die Aufenthaltsbeendigung von dem
Ausländer vorsätzlich hinausgezögert wurde (z.B. selbst verursachte Passlosigkeit,
Aufgabe der Staatsangehörigkeit, verzögerte sukzessive Asylanträge, wiederholte
Folgeanträge, zwischenzeitliches Untertauchen).
3.2 Der weitere Aufenthalt wird durch die Erteilung und
Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre gewährt.
Sowohl die Erteilung als auch jede Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis setzen außer der
Erfüllung der Passpflicht das Vorliegen und Fortbestehen folgender
Integrationsbedingungen am 19. November 1999 voraus:
a) Der Lebensunterhalt der Familie einschließlich
ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ist durch legale Erwerbstätigkeit ohne
zusätzliche Mittel der Sozialhilfe gesichert.
Ausnahmen können in besonderen Härtefällen gemacht
werden:
- bei Auszubildenden in anerkanntem Lehrberuf,
- bei Ausländerfamilien mit Kindern, die vorübergehend
auf ergänzende
Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind sowie
- Alleinerziehende mit kleinen Kindern, soweit ihnen nach
§ 18 Abs. 3 BSHG eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist,
- bei erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt
einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne
Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen
beruhen auf Beitragsleistungen.
b) Die Familie verfügt über ausreichenden Wohnraum.
c) Schulpflichtige Kinder erfüllen die
Schulpflicht.
d) Ausweisungsgründe nach § 46 Nr. 1 bis 4 und § 47
AuslG liegen nicht vor; illegale Einreise und kurzzeitiger illegaler Aufenthalt (drei
Monate) schaden nicht.
e) Der Ausländer hat während seines Aufenthalts keine
vorsätzliche Straftat begangen. Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen können außer
Betracht bleiben.
Unverschuldete Arbeitslosigkeit steht einer Verlängerung
nicht entgegen.
3.3 Bei Ehegatten ist ein Familiennachzug auf derzeit
bereits bestehende Ehen beschränkt. Im übrigen ist ein Familiennachzug nach § 22 AuslG
ausgeschlossen.
3.4 Die für eine Altfallentscheidung in Betracht
kommenden Familienmitglieder müssen sich innerhalb einer von der Ausländerbehörde zu
setzenden Frist von längstens sechs Wochen entscheiden,
- ob sie noch anhängige asyl-, ausländerrechtliche und
vertriebenenrechtliche Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren weiter betreiben oder
- ob sie einen weiteren Aufenthalt nach der
Altfallregelung beantragen wollen. In diesem falle müssen alle Familienmitglieder
innerhalb der Frist durch Antragsrücknahme alle noch anhängigen Verfahren zum Abschluss
bringen.
3.5 Die vorstehenden Regelungen gelten entsprechend für
alleinstehende Personen und Ehegatten ohne Kinder, die vor dem 1. Januar 1990 eingereist
sind. Dies gilt auch, wenn sie sich zuvor im Beitrittsgebiet aufgehalten haben.
3.6 Die Innenminister und -senatoren von Bund und
Ländern stellen fest, dass die differenzierte Beschlusslage der Innenministerkonferenz
zur Rückführung von ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina
sowohl der Lage vor Ort als auch den Interessen der Betroffenen Rechnung trägt. Aus
diesem Grund erhalten Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina kein Bleiberecht auf
der Grundlage dieses Beschlusses.
3.7. Die Innenminister sind sich weiterhin darüber
einig, dass die Regelung wie bisher in Anlehnung an den Beschluss vom 29. März 1996 nicht
für ausreisepflichtige Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien
einschließlich Kosovo gilt.
Die Durchführung der Altfallregelung wird durch den Bund
zentral statistisch erfasst. Die Länder übermitteln dem Bund unverzüglich und laufend
die erforderlichen Angaben über ihre Entscheidungen nach dieser Regelung.
Von den Ländern wird sichergestellt, dass unverzüglich,
spätestens bis zum 31. Dezember 2000, über alle in Betracht kommenden Altfälle
abschließend entschieden worden ist.
Im übrigen gelten die Regelungen des Beschlusses vom 29.
März unverändert fort.
Top |