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Disziplinarrecht
Zuständigkeiten
Entfernung aus dem Dienst
Missbilligende
Äußerungen
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Wir haben häufiger mit
disziplinarrechtlichen Streitigkeiten zu tun gehabt. Oft
hängt der Erfolg solcher Konstellationen von der detaillierten
Durchdringung des Sachverhalts ab.
Es gehört zum notwendigen Inhalt einer
Disziplinarverfügung, dass die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen
gesehen wird, dargestellt werden und der dem Beamten zur Last gelegte
Sachverhalt möglichst nach Datum, Zeit, Ort und Geschehensablauf konkret
bezeichnet wird. Bei der Prognose, welche
Disziplinarmaßnahme der Antragsteller zu erwarten hat, von dem Grundsatz
auszugehen, dass sich die Maßnahme insbesondere nach der Schwere des
Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn
oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen
dienstlichen Verhalten bemisst. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist
die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der
erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Auch das ist von komplexen
Beurteilungen abhängig und nicht leicht auszuloten. |
Entfernung aus dem Dienst
Ein Beamter, der nach Einweisung und Schulung befugt ist, Eintragungen im Schichtdienst Management vorzunehmen, und dieses dazu nutzt, bezüglich seiner Person 25 Krankbuchungen einzutragen, obwohl keine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit vorlag, um in den Genuss
ihm nicht zustehender Freizeit zu gelangen, hat sich eines - einheitlichen - sehr schweren Dienstvergehens im Kernbereich seiner Pflichten schuldig gemacht, das trotz Berücksichtigung der Milderungsgründe des Einzelfalls die Entfernung aus dem Dienst gebietet (Verwaltungsgericht Münster 2014).
Wenn Polizeivollzugsbeamte
Schreiben mit sog. Reichsbürger-Ideologie,
in denen unter anderem die Existenz der Bundesrepublik und die
Gültigkeit des Grundgesetzes negiert werden, an eine Behörde versenden,
kann ungeachtet der Motivation und inneren Einstellung der Beamten deren
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zulässig sein, wie das
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2018 entschieden hat.
Ein Polizeibeamter, der sich
wegen gewerbsmäßig begangener Hehlerei
in sechs Einzelfällen über einen Tatzeitraum von zwei Jahren strafbar
gemacht hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (OVG Bremen
2018). |
Missbilligende
Äußerungen
Missbilligende
Äußerungen eines Dienstvorgesetzten, die nicht ausdrücklich
als Warnung oder Verweis bezeichnet werden (Zurechtweisungen,
Ermahnungen, Rügen und dergleichen), sind im Zweifel keine
Disziplinarstrafen. Bei solchen
Missbilligungen ist nicht der Rechtsweg zu den Disziplinargerichten,
sondern zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten gegeben.
Beispielsweise in NRW: Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines
bestimmten Verhaltens. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen,
Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis
bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.
Der Rechtsschutz gegen
Missbilligungen ist in der Landesdisziplinarordnung nicht den
Disziplinargerichten zugewiesen. Für die Entscheidungen im förmlichen
Disziplinarverfahren und für die richterliche Nachprüfung der
aufgrund dieses Gesetzes ergehenden Anordnungen und Entscheidungen
insbesondere der Dienstvorgesetzten sind die Disziplinargerichte
ausschließlich zuständig. Das Recht, solche Missbilligungen
auszusprechen, beruht auf dem allgemeinen Beamtenrecht, vor allem auf
der Geschäftsleitungsbefugnis, Weisungsbefugnis und Aufsichtsbefugnis
der Dienstvorgesetzten. Jedenfalls gegen eine Missbilligung, wie sie
dem Kläger erteilt worden ist, kann der betroffene Beamte
gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Denn der schriftlich
erteilte förmliche Vorwurf dienstpflichtwidrigen Verhaltens ist
geeignet, den Beamten in seinen Rechten zu verletzen, wenn er nicht
berechtigt und folglich rechtswidrig ist. Gegen eine Missbilligung
dieser Art ist deshalb verwaltungsgerichtlicher
Rechtsschutz gegeben. Der
Kläger hat sein Begehren zumindest auch als allgemeine Leistungsklage
auf Widerruf gestellt. Hierbei kann offen bleiben, ob die umstrittene
Missbilligung als anfechtbarer Verwaltungsakt (§ 42 VwGO) anzusehen
ist. Jedenfalls erscheint ein Anspruch auf Widerruf möglich.
Dem
Beamten obliegt die allgemeine
Dienstpflicht, dass sein Verhalten
innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen
gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Diese allgemeine
Pflicht verlangt u.a. ein achtungsvolles und taktvolles Verhalten gegenüber
Kollegen und Mitarbeitern. Dazu gehört, dass der Beamte Vorwürfe und
Beschuldigungen gegen Kollegen und Mitarbeiter nur nach sorgfältiger
Prüfung und in angemessener Form erheben darf. Erhebt er in einer
Dienstaufsichtsbeschwerde schwerwiegende Vorwürfe gegen Kollegen und
Mitarbeiter, so darf er deren Würde und Lauterkeit nicht über das
zur Darstellung und Klärung der Vorwürfe notwendige Maß hinaus in
Frage stellen. Der Beamte kann mit solchen Äußerungen in einer
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen diese Pflicht verstoßen.
Aktuelleres
Beispiel: Das
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat in einem vorläufigen Verfahren
geregelt, dass ein Gerichtsvollzieher, der zugleich Mitglied des
Motorradclubs „Bandidos“ ist, weiterhin als Gerichtsvollzieher tätig
sein darf. Das Oberlandesgericht Hamm hatte den Antragsteller im
April 2010 mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben im
Gerichtsvollzieherdienst suspendiert. Er sollte bis auf Weiteres im
mittleren Justizdienst beim Amtsgericht tätig zu sein. Vorgeworfen
wurde dem Antragsteller, er sei Eigentümer einer Immobilie in einer
Nachbarstadt, die er an den Motorradclub „Bandidos“ vermietet
habe. Mit Einverständnis des Antragstellers sei die Hausfassade in
den „Vereinsfarben“ gestaltet worden. Möglicherweise
sympathisiere der Antragsteller mit den Zielen und Aktivitäten der
Gruppe oder unterstütze diese sogar aktiv. Die Maßnahme wahre das
Ansehen des öffentlichen Dienstes und schütze den Antragsteller
vor unberechtigten Vorwürfen.
Das Verwaltungsgericht erkannte keinen für die Abordnung
erforderlichen dienstlichen Grund, der einen dringenden
Handlungsbedarf voraussetze. Weder habe sich der Antragsteller
innerdienstlich etwas zuschulden kommen lassen, noch würden ihm
strafbare Handlungen vorgeworfen. Weder die Vermietung seines Hauses
an die „Bandidos“ noch seine Mitgliedschaft bei dem Motorradclub
verletzten gesetzliche Vorschriften. Weiterhin lägen keine
Erkenntnisse vor, die eine nachteilige Verbindung seiner „Bandidos“
– Mitgliedschaft zu der Tätigkeit als Gerichtsvollzieher
aufzeigten. Zwar würden die „Bandidos" in der Öffentlichkeit
häufig verdächtigt, kriminell aktiv zu sein. Eine Involvierung des
Antragstellers in solche Aktivitäten wäre aber nicht ersichtlich
(VG Gelsenkirchen - 12 L 461/10).
Zwar darf
die Tatsache der Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde dem Beamten
nicht zum Nachteil gereichen. Der Beamte hat hierbei aber seine
Beamtenpflichten einzuhalten. Dabei ist zu beachten, dass dem
Dienstvorgesetzten bei der Frage, ob und wie er im Falle einer
Dienstpflichtverletzung eines Beamten einschreitet, ein weites
Ermessen zusteht.
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Irrtum
Weiß der Beamte, dass sein Verhalten rechtlich
schlechthin verboten ist, so ist ein Irrtum darüber, ob sein Tun oder
Unterlassen für ihn auch dienstrechtliche Folgen haben kann (z.B. weil
er irrig annimmt, eine außerdienstlich begangene Straftat stelle kein
Dienstvergehen dar), unbeachtlich. Denn ein solcher Irrtum betrifft die
disziplinarrechtliche Relevanz der Tat. Dieser
"Rechtsfolgenirrtum" ist im Disziplinarrecht irrelevant. |
Sexuelle
Zudringlichkeiten
Dienstvergehen aufgrund sexueller Belästigung am
Arbeitsplatz führen nach dem Bundesverwaltungsgericht in einer
Entscheidung aus dem Jahre 2009 nicht regelmäßig zu einer bestimmten
Maßnahme. Die Handlungsbreite, in der sexuelle Zudringlichkeiten im
Dienst denkbar sind, ist nach Auffassung des Gerichts zu umfangreich,
als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen
auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können.
Immer sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In
schweren Fällen innerdienstlicher sexueller Belästigung weiblicher
oder männlicher Mitarbeiter, vor allem wenn der Beamte gerade unter
Ausnutzung seiner Vorgesetzteneigenschaft versagt und dadurch nicht nur
seine Integrität in der Dienststelle weitgehend einbüßt, sondern auch
sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert, kann
sich grundsätzlich die Frage seiner weiteren Tragbarkeit im öffentlichen
Dienst stellen, während in minderschweren Fällen eine mildere
Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann.
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Vorläufige Maßnahmen
Die Disziplinarbehörde kann einen Beamten gleichzeitig
mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des
Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Sie kann den
Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch das
Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich
beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der
Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht
außer Verhältnis steht. |
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