Räumung
Die Prüfung, ob die Räumungsvollstreckung bei einem
hochbetagten Schuldner wegen schwerwiegender gesundheitlicher Risiken
eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte i.S. des § 765a ZPO
darstellt, ist nicht auf eine akute Lebensgefahr während des Räumungsvorgangs
selbst zu beschränken. In die Beurteilung einzubeziehen sind auch
schwerwiegende gesundheitliche Risiken, die aus einem Wechsel der
gewohnten Umgebung resultieren - So der Bundesgerichtshof in einer
Entscheidung vom 13.08.2009. Ist mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme
eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden,
so kann dies die Untersagung oder einstweilige Einstellung der
Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO (Mehr dazu >>) rechtfertigen.
Dabei ist stets eine
Abwägung der - in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen -
Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers
vorzunehmen. Es kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der
Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Ist sein Räumungstitel nicht
durchsetzbar, wird sein Grundrecht auf Schutz seines Eigentums (Art. 14
Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt.
Dem Gläubiger dürfen keine Aufgaben überbürdet werden, die nach dem
Sozialstaatsprinzip dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen. Es
ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine
konkrete Lebensgefahr für den Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen,
ob dieser Gefahr nicht auf andere Weise als durch Einstellung der
Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Dabei kann vom
Schuldner erwartet werden, dass er alles ihm Zumutbare unternimmt, um
Gefahren für Leben und Gesundheit möglichst auszuschließen. |