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 Rechtsanwalt Bonn Dr. Palm

 

 

Scherz, Satire, Ironie

und tiefere Bedeutung

in der Jurisprudenz

 

 

 

 

 

Was darf Satire?

Nach Kurt Tucholsky angeblich alles - nach der deutschen Rechtsprechung eher weniger. Satire war immer das Mittel, das Verbotene in eine Form zu bringen, die Herrschenden zu treffen, ohne dafür belangt zu werden. Früher hielt man sich Hofnarren, denen man bei Bedarf die Köpfe abschlug, wenn sie es zu toll trieben. So blutig geht’s nicht mehr zu, aber Gerichte schlagen auf die Finger der elenden Skribenten, auch wenn die Kunstfreiheit im Grundgesetz vorbehaltlos gewährt ist. So stellte das Reichsgericht fest, "dass eine satirische Darstellung nicht nach ihrem Wortsinn genommen werden darf, sondern erst des in Wort und Bild gewählten satirischen Gewandes entkleidet werden muss, bevor beurteilt werden kann, ob das, was in dieser Form ausgesprochen und dargestellt ist, den Tatbestand einer strafbaren Handlung, im Besonderen einer Beleidigung enthält". So hält man es heute auch noch mit der Satire.

Bei der Abwägung zwischen Kunstfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht ist zunächst, vergleiche etwa das Landgericht Hamburg 1993, der Inhalt der Satire zu ermitteln und sodann Aussagekern und satirische Einkleidung getrennt daraufhin zu überprüfen, ob sie eine Kundgabe der Missachtung gegenüber der karikierten Person enthalten. Das klingt nach Alchimie, aber das stört Juristen weniger, weil die ja spätestens seit Salomon den Stein des Weisen suchen und meistens da finden, wo ihn keiner vermuten würde.

Satire Recht Publikationen Rechtsanwalt Dr. Palm Juristen wissen zwar, dass Meinungen nicht einfach als bare Münze zu nehmen sind, aber wer im (Deck)Mantel der Satire beleidigt oder verleumdet, muss damit rechnen, dass man ihm den Mantel auszieht und der Satiriker plötzlich nackt im Regen steht. Satiriker wandeln auf einem schmalen Grat, mitunter auf Rasierklingen - darunter der Abgrund oder was man sich sonst an schönen Höllenstrafen vorstellen mag. Angeblich bezahlte das Satiremagazin Pardon einen "Berufseinsitzer", der im Gefängnis abbüßte, was die Redaktion verbrochen hatte. Aber vielleicht ist das auch nur Satire. Satire darf heute mehr als zu Zeiten des altehrwürdigen Reichsgerichts. Frontalangriff war aber noch nie Satire - auch nicht, wenn er mit bizarren Waffen geführt wird. Vor allem eins: Was man selber auf Grund seiner abgestumpften Nerven für komisch hält, halten andere Leute noch lange nicht für komisch - das ist so wie in Reisländern, wo die Einheimischen zwischen ihrem scharfen Curry und dem laffen Curry für die Touris unterscheiden. Wohlbestallte deutsche Richter essen gewürzärmer als die Generation von Love-Parade und Resident Evil! Aber Ernst beiseite. Wer sagt, dass Soldaten Mörder sind, will den gesellschaftlichen Konflikt, riskiert Strafe und Fußeisen. Wer "nur" Satire will, kann auch anders. Vorschlag für Nachwuchssatiriker: Satire ist die Kunst zu treffen, ohne getroffen zu werden.

Wer also wissen will, wie weit er gehen darf, muss sich im Dschungel des "Fallrechts" orientieren. Was heißt das? Eine Meinungsäußerung in Form von Schimpfwörtern überschreitet die Grenzen unzulässiger Schmähkritik, wenn bei ihrer Verwendung eine rechtfertigende Nähe zur Darstellung eines verurteilenswerten Verhaltens nicht mehr gewahrt ist, meint das OLG Hamburg 1990. Also die Schutzzone einer "rechtfertigenden Nähe" suchen, wo immer die liegen mag. Das OLG Düsseldorf stellte in demselben Jahr fest: Die Freiheit der Meinungsäußerung und der Kunst gilt nicht für eine Publikation, wenn diese lediglich aus einer unrichtigen Wiedergabe eines Geschehens und diffamierender Kritik besteht, statt den Spott über Erscheinungen der Wirklichkeit indirekt durch ästhetische Nachahmung auszudrücken. Wer also "ästhetisch feinsinnig" bleibt, genießt das Privileg der Kunst- bzw. Meinungsfreiheit. Wer sich nicht auszudrücken weiß und etwa einen "Hai" einen "Hai" nennt, riskiert Verfolgung. Satire und Sarkasmus, die den Effekt einer Meinungsäußerung steigern sollen, sind als Meinungsäußerung geschützt, und zwar auch dann, wenn eine bestimmte Unternehmenspolitik personalisiert im Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens angeprangert wird - so der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993. Sarkasmus ist also erlaubt, aber es kommt darauf an, einen Pranger zu wählen, der künstlerisch reich ornamentiert ist und die Halskrause abgefedert.

Unwägbarkeiten bleiben die alten Leiden auch der neuen Satiriker. Aber eins sollten sich Satiriker zum Ansporn für ihre künstlerischen Machwerke merken. Gerichte sind die härtesten Konkurrenten in der satirischen Zunft. Ihre Realsatiren sind schwer zu überbieten. So konstatiert das OLG Düsseldorf 1991: "Die Strafbarkeit des Hundeführers wegen umweltgefährdender Abfallbeseitigung nach § 326 I Nr. 1 setzt neben der i. d. R. zu bejahenden Abfalleigenschaft des von dem Hund abgesetzten Kothaufens die konkrete Feststellung voraus, dass es sich bei dem Hundekot um gefährlichen Abfall handelte, also Gifte oder Erreger gemeingefährlicher und übertragbarer Krankheiten enthielt oder hervorbringen konnte." Nicht nur die Formulierung ist stilistisch schwer zu übertreffen, sondern auch die skrupulösen Feststellungsanforderungen machen klar, dass deutsche Gerichte ihre eigenen Satiren nicht dem Zufall überlassen, sondern dem Gesetz.

Zur strafrechtlichen Bewertung von satirischen Beiträgen in Online-Foren: Zwei Texte von Rechtsanwalt Dr. Palm für das Internetmagazin Telepolis

Engine of Justice

Das Ende der Fahnenstange?

DeutschlandRadio Berlin: WortSpiel - ZeitReisen

Sa. 3.5.2003 • 19.05 -
Über die Korruption und die Staatsdienerin

Kuvert und Aktenkoffer
von Panagiotis Kouparanis

"...Und es besteht die Gefahr, dass die Schmerzen dann chronisch werden könnten, wenn Unwörter wie Bananenrepublik oder Bakschisch zu festen Bestandteilen des Staatswesens werden. Diese Schmerzen schwinden auch nicht, wenn stattdessen der hessisch-rheinland-pfälzische Terminus technicus Bimbes verwendet wird. Der Bonner Rechtsanwalt und Satiriker Dr. Goedart Palm sieht dagegen in einer solchen Entwicklung auch Chancen:

Ohnehin gehört die Korruptionstauglichkeit des Beamten zu seinem Wesen. Hat nicht der Staat über Jahrhunderte den Beamten mit Besoldung, Privilegien und Sozialprestige bestochen, damit er nur ihm hörig sei? Lange kann sich der Staat den Luxus der einseitigen Korruptionsbekämpfung kaum mehr leisten. Reformstaus und beklemmende Finanzierungsvorbehalte werden sich erst dann auflösen, wenn der Beamte zum finanzautarken Kassenwart des Staates in eigener Sache avanciert. Denn Korruption macht müde Verwaltungen munter. Für den seine Lebenszeit absitzenden Beamten, dem der Streik für höhere Dotierung versagt ist, lohnt sich Leistung zum ersten Mal in seinen Leben wirklich. Korruption wird zur neuen Tarifautonomie des Beamten.

Tatsächlich ist aber Beamtenbestechlichkeit Diebstahl an der Allgemeinheit. Korruption kommt alle teuer zu stehen, weil es der Steuerzahler ist, der dafür aufkommen muss, wenn ein auf Grund von Korruption vergebener öffentlicher Auftrag am Ende mehr kostet als ursprünglich geplant oder wie in Köln, eine Müllverbrennungsanlage für 400 Millionen Euro gebaut wird, für die es keine Notwendigkeit gibt. .."

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