Gegen
wen richtet sich der Anspruch? Rechtlich
relevant und besonders heikel ist hier der Gesichtspunkt der sog. Mitstörerhaftung.
Die Rechtsprechung spricht von der Mitstörerhaftung, die den trifft, der von der
Werbemail Vorteile hat. Das wäre etwa der Betreiber der beworbenen Website oder der
0190er-Nummer. Voraussetzung ist, dass der als Mitstörer in Haftung genommene die
rechtliche Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern. Als Mitwirkung kann auch die
bloße (auch gutgläubige) Unterstützung des eigenverantwortlich handelnden Störers mit
Mitteln des eigenen Betriebes genügen, sofern die rechtliche Möglichkeit besteht, die
Störungshandlung des Dritten zu verhindern.
Vgl. die Parallelproblematik in der Entscheidung des LG
Hamburg (Urt.v.
14.01.2003 - Az.: 312 O 443/02):
"Beim Versand wettbewerbswidriger unerbetener
Fax-Werbung ist auch derjenige als Mitstörer anzusehen, der lediglich die zum Versand
verwendeten 0190-Nummern an die Werbetreibenden zur Nutzung überlässt. Einer Haftung
kann der Mitstörer nur entgehen, wenn er dem Werbenden die in Rede stehenden 0190-Nummern
nach erster Kenntnisnahme von der fraglichen Fax-Werbung entzieht."
Interessant auch die Argumentation des AG Nidda (Urt. v. 11.01.2002 - 1 C 376/01 (72):
"Ihren Grund findet diese Haftung jedoch nicht schon
in der Überlassung des Anschlusses als solchem. Voraussetzung der Haftung ist ein von dem
Anschluss ausgehender oder unter seiner Benutzung begangener Rechtsverstoß. Die
Verantwortlichkeit des Dritten folgt vielmehr daraus, dass er die auf diese Weise
ermöglichten Rechtsverletzungen nicht unterbunden hat, obwohl er dazu als Inhaber des
Anschlusses die Möglichkeit gehabt hätte und ein derartiges Einschreiten von ihm mit
Blick auf die aus dieser Stellung resultierenden Befugnisse und die Überlassung des
Anschlusses zu erwarten war. Die Verantwortlichkeit der Beklagten ergibt sich hier aus dem
Umstand, dass der Wettbewerbsverstoß unter Benutzung ihrer Anschlüsse begangen wurde,
denn die Faxabrufnummern sind in den Werbefaxschreiben genannt und bilden den
Anlass der Versendung dieser Schreiben..."
Argumentation zur Mitstörerhaftung bei AG Hamburg vom 04.03.2003 36 a C 37/03
"Der Ansicht der Beklagten, sie sei für die dem
Kläger zugegangene E-Mail bzw. diejenigen, welche die bei ihrem Service registrierten
Kunden an Dritte versenden würden, nicht verantwortlich, sie - die Beklagte - sei mit
anderen Worten kein Störer, vermag das Gericht nicht zu teilen. Dass die Beklagte die
E-Mails nicht selber verschickt, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass sie die
Plattform zur Verfügung stellt, von der aus bestimmungsgemäß für das neue
"Produkt" der Beklagten geworben wird. Dass damit die Beklagte adäquat kausal
verantwortlich ist für sie betreffende Werbung, welche ihre Kunden an Dritte versenden,
unterliegt bei dieser Art der Organisation keinem Zweifel. Die Beklagte bedient sich hier
praktisch Dritter - ihrer registrierten Kunden -, um für sich zu werben. Hintergrund des
Ganzen ist, dass weitere Kunden für den neuen Service der Beklagten geworben werden
sollen. Mag man dies nun als Freundschaftswerbung bezeichnen oder nicht, entscheidend ist,
was dahinter steht: die Beklagte will ja nicht uneigennützig Dritten die Möglichkeit
bieten, über ihren Server zu kommunizieren. Die Konzeption ist vom Grundsatz her vielmehr
die, dass registrierte Kunden ihnen bekannte oder möglicherweise auch unbekannte Personen
für den neuen Service der Beklagten zu interessieren und gegebenenfalls anzuwerben.
Anstelle direkter eigener Werbung bedient sich die Beklagte mit anderen Worten Dritter,
was unter dem Gesichtspunkt der Umgehung im Ergebnis rechtlich gleich zu bewerten ist.
Dabei spielt es auch keine Rolle, dass der Kunde die Möglichkeit hat, einen individuellen
Text einzugeben."
Weiterhin LG Hamburg Urteil
vom 13.05.2003 312 O 165/03:
"Als Mitstörer haftet demnach, wer dem
Werbungstreibenden einen 0190-Nummernblock zur Nutzung überlässt und trotz
zwischenzeitlich erlangter Kenntnis darüber, dass der Kunde diesen Nummernblock in
wettbewerbswidriger Weise beworben hat, zunächst keine Abmahnung ausspricht bzw. eine
nachfolgende Sperrung dieses Nummernblocks bewirkt."
Vgl. auch Amtsgericht Bad
Homburg vom 25.06.2003 (2 C 3419/02 (23)): ...Die Beklagte wird allein
durch die rechtliche Möglichkeit zur Sperrung der Mehrwertdienstenummer aber noch nicht
zum mittelbaren Störer. Auch unter dem neu geschaffenen § 13 a TKV ist nach Auffassung
des Gerichts erforderlich, dass hier - wie seither von der oben zitierten Rechtsprechung
verlangt - ein subjektives Element erfüllt sein muss. Nur wer willentlich bzw. in
zurechenbarer Weise eine Störung fördert, kann auch als Störer und damit auf
außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen werden. Eine Ausweitung des
Störerbegriffes auf alle Vertreiber von Mehrwertdienstenummern würde zu einer Haftung
derjenigen führen, die als erstes in der Kette einer Vielzahl von - wie auch hier - nicht
mehr nachvollziehbaren, aber in der Regel legalen, Geschäftsverbindungen stehen, die das
Gericht als nicht vertretbar ansieht.
Weitere Entscheidungen:
Amtsgericht Leipzig mit Urteil vom 27. Februar 2003 (AZ 02 C 8566/02) sowie
LG München I
(Az.: 33 O 5791/03) Betreiber als Mitstörer "Wird auf der Homepage die anwählbare
Option "E-Cards verschicken" bereitgehalten und ist es dadurch jedem Dritten möglich, unaufgeforderte E-Mails zu
versenden, haftet der Homepagebetreiber als mittelbarer Störer für die beim Empfänger
der E-Mail eingetretene Rechtsverletzung."; Urt. v. 05.11.2002 - Az.: 33 O 17030/02).
§ 13 a TKV
Diejenigen, die Kunden Nummern, mittels derer neben
Telekommunikationsdienstleistungen weitere Dienstleistungen angeboten werden
(Mehrwertdiensterufnummern), zur Nutzung überlassen, haben diese Kunden schriftlich
darauf hinzuweisen, dass keine Werbung, Sachen oder sonstige Leistungen unter Verstoß
gegen gesetzliche Vorschriften zugesandt oder sonst übermittelt werden dürfen. Hat
derjenige, der einem Kunden eine Mehrwertdiensterufnummer zur Nutzung überlassen hat,
gesicherte Kenntnis, dass diese Rufnummer unter Verstoß gegen Satz 1 genutzt wird, hat er
unverzüglich geeignete Maßnahmen zur zukünftigen Unterbindung des Rechtsverstoßes zu
ergreifen. Er hat insbesondere nach erfolgloser Mahnung soweit möglich die
missbräuchlich verwendete Mehrwertdiensterufnummer zu sperren, wenn er gesicherte
Kenntnis von einer wiederholten oder schwerwiegenden Zuwiderhandlung hat.
In der Rechtspraxis vgl. LG Köln, Urteil vom 03.07.2003, 31 O 287/03
"Die Störereigenschaft
der Antragsgegnerin folgt im Übrigen auch aus § 13 a TKV. Nach Satz 2 dieser Vorschrift,
die seit dem 28.8.2002 in Kraft ist, hat derjenige, der gesicherte Kenntnis von einem in
Satz 1 näher bezeichneten Missbrauch einer Premium-Rufnummer hat, geeignete Maßnahmen zur
zukünftigen Unterbindung des Rechtsverstoßes zu ergreifen."
Vgl. aber jetzt OLG Köln (Urt. v. 05.03.2004 - Az.: 6 U
141/03)
Die bloße Mitteilung über eine unverlangte Faxzusendung
reicht regelmäßig nicht aus, um beim Netzbetreiber die erforderlich gesicherte Kenntnis
von der missbräuchlichen Verwendung der Rufnummer hervorzurufen. Die
Mitteilung einer Verbraucherzentrale reicht höchstens für eine "einfache
Kenntnis" und kann daher nicht mit der "gesicherten Kenntnis" iSd. § 13a
TKV gleichgesetzt werden.
|