Internetplattform
und "gleitender" Sorgfaltspflichtmaßstab
Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung
besteht, dass es zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen
wird, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen sind,
umso mehr Aufwand muss der Betreiber nach Auffassung des LG Hamburg
(2007) auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten
Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu
unterziehen. Ist mit großer Sicherheit vorhersehbar, dass es zu
schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen kommen wird, so kann die
Prüfpflicht des Betreibers bis hin zu einer Dauer- oder
Vorabkontrollpflicht anwachsen, was umso mehr gilt, wenn die Möglichkeit
eröffnet wird, Kommentare auch unter Verwendung von Pseudonymen
einzustellen. Aus dem Umfang der Daten kann dagegen nicht ohne
weiteres die Unzumutbarkeit einer Überwachung hergeleitet werden. Wer
ein öffentliches Diskussionsforum eröffnet, kann sich seiner Pflicht
zur angemessenen Kontrolle dieses Forums nicht dadurch entziehen, dass
er es auf ein für ihn nicht mehr angemessen kontrollierbares Maß
anwachsen lässt.
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Postmortales
Persönlichkeitsrecht
Im Fall der Beleidigung
eines Toten (postmortales Persönlichkeitsrecht) ließ das LG Hamburg
offen, welcher Sorgfaltspflichtmaßstab für das Internetangebot von
youtube bei der Kontrolle der bei ihr eingestellten Videos im Hinblick
auf diesen gleitenden Sorgfaltspflichtmaßstab zu gelten hat. Selbst
wenn man den – soweit ersichtlich – mildesten Haftungsmaßstab,
den die Rechtsprechung im Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrecht
bislang angenommen hat und den die Antragsgegnerin auch selbst für
sich proklamiert, wonach ein konkreter Hinweis auf eine offenkundige,
vom zuständigen Sachbearbeiter unschwer zu erkennende
Rechtsverletzung erforderlich ist - zugrunde legt, habe youtube
dennoch gegen Prüfpflichten verstoßen. Trotz eines Hinweises habe
man monatelang nichts unternommen.
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