Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts: Zielsetzung
Das Unterhaltsrecht
soll an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und den
eingetretenen Wertewandel angepasst werden. Die heutigen
gesellschaftlichen Verhältnisse sind gekennzeichnet durch steigende
Scheidungszahlen, die vermehrte Gründung von „Zweitfamilien“ mit
Kindern nach Scheidung einer ersten Ehe und eine zunehmende Zahl von
Kindern, deren Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben
oder die alleinerziehend sind. Auch die geänderte Rollenverteilung
innerhalb der Ehe, bei der immer häufiger beide Partner – auch mit
Kindern – berufstätig bleiben oder nach einer erziehungsbedingten
Unterbrechung ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen, erfordern
Anpassungen im Unterhaltsrecht. Der Entwurf verfolgt vor diesem
Hintergrund drei Ziele: Die Stärkung des Kindeswohls, die Betonung des
Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Ehe und die Vereinfachung
des Unterhaltsrechts.
Den Unterhaltsansprüchen
von minderjährigen unverheirateten Kindern und
von volljährigen unverheirateten Kindern, die noch nicht das
21. Lebensjahr vollendet haben, im Haushalt der Eltern oder eines
Elternteils leben und sich noch in der allgemeinen Schulausbildung
befinden, wird Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen
eingeräumt. Damit soll auch die Zahl minderjähriger
Sozialhilfeempfänger reduziert werden. Gleichfalls unter dem Aspekt des
Kindeswohls stehen alle diejenigen Personen im zweiten Rang
gleichberechtigt nebeneinander, die ein Kind betreuen und deshalb
unterhaltsbedürftig sind. Um den Schutz der Ehe zu gewährleisten,
befindet sich der Ehegatte auch mit seinen sonstigen
Unterhaltsansprüchen im zweiten Rang, wenn die Ehe von langer Dauer ist
oder war.
|
Neu: Mit
der Neuregelung des Unterhalts hat sich die auch Wertung verändert, ab
wann einem Ehegatten die Erwerbsobliegenheit wieder zuzumuten sind.
Beispielhaft sei auf die Unterhaltsrechtlichen
Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts (Berlin)
verwiesen. Betreut ein Ehegatte ein minderjähriges Kind, so kann von
ihm bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres
des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden.
Danach bestimmt sich seine Obliegenheit zur Erwerbstätigkeit nach den
Umständen des Einzelfalles. In dem Maße, in dem eine den Belangen des
Kindes gerecht werdende Betreuungsmöglichkeit besteht, kann von dem
betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit erwartet werden. Ein
abrupter übergangsloser Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer
Vollzeiterwerbstätigkeit ist hierbei nicht gefordert. Im Interesse des
Kindeswohls ist auch ein abgestufter, an den Kriterien des Gesetzes
orientierter Übergang möglich. Darüber hinaus beurteilt sich die
Obliegenheit auch unter Berücksichtigung der Gestaltung der
Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der
Ehe. Mit anderen Worten: Hier bieten sich Gelegenheiten für
Familiengerichte, ihre Sensibilität in der Mitgestaltung erträglicher Lebensverhältnisse zu demonstrieren. |