Anfechtung der
Annahme der Erbschaft
Der Erbschaftsanfall gilt gemäß
§ 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt, wenn die Annahme der Erbschaft
wirksam angefochten wird. Die Wirksamkeit der Anfechtung richtet sich
nach § 1954 BGB. Danach ist eine 6 Wochen-Frist einzuhalten. Ein
Anfechtungsgrund i.S.v. § 1954 Abs. 1 BGB liegt vor, denn die
Unkenntnis von der Überschuldung des Nachlasses einen Irrtum über
eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses darstellt. Die
nach § 1954 Abs. 1 BGB sechswöchige Frist beginnt nach § 1954 Abs.
2 Satz 1 BGB mit der Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Die
erforderliche Kenntnis vom Anfechtungsgrund erlangt der Anfechtende,
wenn ihm die diesen begründenden Tatsachen zuverlässig bekannt
werden und er erkennt, dass seine (fingierte) Erklärung eine andere
Tragweite hatte, als er ihr beimaß. Dabei genügen bloßes Kennenmüssen
oder bloßes Vorliegen von Verdachtsgründen nicht. Eine volle Überzeugung
vom Bestehen des Anfechtungsgrundes ist aber nicht erforderlich.
Haftungsprobleme
beim Nachlass
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Anfechtung der
Ausschlagung der Erbschaft
Gemäß § 1956 BGB kann die Versäumung
der Ausschlagungsfrist in gleicher Weise wie die
Erbschaftsannahme angefochten werden und zwar auch dann, wenn der als
Erbe Berufene bei Vorliegen der übrigen Irrtumsvoraussetzungen (z. B.
ein Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses und die Kausalität
dieses Irrtums) die Erbschaft in Wirklichkeit nicht hat annehmen
wollen und die Frist nur versäumt hat, weil er über ihren Lauf oder
über die Rechtsfolgen des Ablaufs in Unkenntnis gewesen ist oder
geglaubt hat, die Ausschlagung wirksam erklärt zu haben
.
Objektiv erhebliche und ursächliche
Fehlvorstellungen über verkehrswesentliche Eigenschaften des
Nachlasses begründen die Anfechtung der Ausschlagung der Erbschaft
nach § 119 Abs. 2 BGB.
Die Überschuldung
des Nachlasses ist nach der Dogmatik eine
verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Fehlvorstellungen darüber,
dass die Verbindlichkeiten den Wert des Nachlasses übersteigen, sind
aber nur relevant, wenn sie auf unrichtigen
Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses
beruhen.
Hält demnach der Ausschlagende die nicht überschuldete Erbschaft für
überschuldet, besteht, sofern der Irrtum kausal war, ein
Anfechtungsgrund. Der Irrtum muss nach § BGB § 119 BGB subjektiv
und, anders als nach § 2078 BGB, auch objektiv
erheblich gewesen sein.
Reicht die Vorstellung „Der
Nachlass scheint überschuldet zu sei“,
wenn sich diese Befürchtung auf vage Umstände stützt?
Gerichte können darin einen Grund sehen, dass sich der Erbe eben
informieren muss, um welche Größenordnung es sich bei dem Nachlass
tatsächlich handelte, um sodann zu entscheiden, ob er die Erbschaft
annimmt oder ausschlägt.
Reine Spekulationen reichen nicht. Man muss zu dem Entschluss gelangt
sein, die Erbschaft sei überschuldet, und es sei deshalb tunlich,
dieselbe auszuschlagen. Die Einschätzung, der Nachlass sei womöglich
(„befürchtet, dass da nur Schulden sind“) überschuldet, schließt
auch die Variante eines nicht überschuldeten, jedoch nicht besonders
lukrativen Nachlasses ein.
Ergibt also die Auslegung
der Ausschlagungserklärung, dass dem Erben die etwaige Höhe
seines erbrechtlichen Erwerbs gleichgültig war, so kann er nicht
wegen irrtümlich angenommener Überschuldung anfechten.
Dann wird das Nachlassgericht die
Wirksamkeit der Anfechtung der
Erbausschlagung zu Recht mangels Irrtums (§ 119 Abs. 2 BGB)
nicht akzeptieren. Also gilt, dass ein ein Erbe auf der
Grundlage ungenauer zeitferner Informationen die Erbschaft ausschlägt,
weil er "befürchtet, dass da nur Schulden sind",
seine Ausschlagungserklärung nicht wegen Irrtums anfechten
kann. |