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Hinweis
zu
Ausschlussklauseln
im Arbeitsrecht |
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Beispiel
aus dem MTV für das private Versicherungsgewerbe
§
24 Verfall von Ansprüchen
Ansprüche aus
dem Arbeitsverhältnis – ausgenommen solche aufgrund deliktischer
Handlungen – verfallen, soweit sie nicht spätestens innerhalb
von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich
geltend gemacht werden. |
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Das ist
eine typische Klausel, die man in vielen Tarifverträgen,
Betriebsvereinbarungen oder auch individuellen Arbeitsverträgen
findet. Die Frist ist kurz - besonders für jene, die sie nicht
kennen. Dabei gibt es noch erheblich kürzere Fristen wie etwa diese
aus dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV):
Bundesrahmentarifvertrag
für das Baugewerbe (BRTV)
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis
in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei
Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen
Vertragspartei schriftlich erhoben werden; besteht
bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ein Arbeitszeitguthaben,
beträgt die Frist für dieses Arbeitszeitguthaben jedoch
sechs Monate. |
Das Risiko ist hoch, dass u.U. nicht unerhebliche
Restansprüche des Arbeitsnehmers
bestehen, er aber "vergisst" sie geltend zu machen.
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Ältere Rechtsprechung (kursiv): Eine
Argumentation des LAG Niedersachsen aus dem Jahre 2005 zu § 70 BAT
(Aktuell: § 37 TVöD), die auch auf andere Ausschlussklauseln - nach
juristischer Prüfung - anwendbar sein könnte: Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist
von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich
geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes
bestimmt ist. § 70 Abs. 1 BAT umfasst alle Ansprüche, die auf dem
Arbeitsverhältnis beruhen und die der Arbeitgeber nicht erfüllt hat.
Wie weit reicht nun der Ausschluss? |
„Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis“ umfassen grundsätzlich alle
denkbaren Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang
stehen. Folglich werden von der Ausschlussfrist des § 70
BAT auch Schadensersatzansprüche erfasst, was das beklagte Land auch
nicht in Frage stellt. Die Ausschlussfrist des § 70 Abs. 1 BAT
beginnt jedoch erst mit der Fälligkeit des Anspruchs. Fälligkeit
ist der Zeitpunkt von dem ab der Gläubiger die Leistung
verlangen kann. Die Fälligkeit eines Anspruchs setzt allerdings das
Entstehen des Anspruchs voraus. Entstehung und Fälligkeit eines
Anspruchs können zeitlich durchaus zusammenfallen. Das ist jedoch
nicht die allgemeine Regel. Die Fälligkeit tritt deshalb nicht ohne
weiteres schon mit der Entstehung des Anspruchs ein, vielmehr muss es
dem Gläubiger praktisch und rechtlich möglich sein, seinen Anspruch
auch geltend zu machen.
Das Gericht führt weiter aus: Deshalb hängt der
Zeitpunkt der Fälligkeit im Sinne von § 70 Abs. 1 BAT vom Rechtscharakter
des fraglichen Anspruchs und den Umständen des
Einzelfalles ab. Bei Schadensersatzansprüchen kommt es daher
entscheidend auf das subjektive Element der Kenntnis beziehungsweise
des Kennenmüssens an, das heißt, ob der Gläubiger in der Lage ist,
seinen vermeintlichen Schadensersatzanspruch annähernd geltend zu
machen.
Nun kommt eine Einzelfallerwägung, die aber auch
generalisierbar erscheint: Dies ist unstreitig vorliegend noch nicht
der Fall, da eine Schadensbezifferung
- wie das beklagte Land einräumt - ungewiss ist, beziehungsweise erst
zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann oder als unregelmäßig
wiederkehrende Leistung geltend zu machen wäre. Ob in einem
derartigen Fall - wie das beklagte Land meint - für die Fälligkeit
eine Ausnahmeregelung gelten muss, dahingehend, dass für den Fälligkeitszeitpunkt
auf die Schadenskenntnis abzustellen ist, unabhängig von der Möglichkeit
einer Schadensbezifferung, kann fraglich sein.
Zur Ratio von
Ausschlussklauseln: Für die Auffassung des beklagten Landes spricht, dass
die Ausschlussfrist des § 70 BAT
die Parteien des Arbeitsverhältnisses zur alsbaldigen Geltendmachung
und Klärung ihrer Ansprüche veranlassen soll. Sie dient im übrigen
der Rechtssicherheit und bezweckt, dass sich der Anspruchsgegner auf
die aus Sicht des Anspruchsstellers noch offenen Forderung rechtzeitig
einstellt. Zudem soll auch der öffentliche Arbeitgeber in der Lage
sein, notwendige Haushaltsmittel so zu veranschlagen, dass
Nachforderungen in engen Grenzen gehalten werden können.
Dagegen spricht die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, welche eine Fälligkeit von Ansprüchen so
lange ausschließt, als die Höhe der
Forderungen dem Anspruchsberechtigten nicht bekannt ist.
Davon kann nach Auffassung der Kammer auch im vorliegenden Fall nicht
abgewichen werden, denn der Begriff der Fälligkeit einer Forderung im
Sinne von § 70 Abs. 1 BAT verlangt nicht nur, dass der betreffende
Anspruch entstanden ist, sondern er muss auch wenigstens ungefähr
beziffert werden können. Diese Bezifferung
ist der Klägerin aber - unstreitig - derzeit noch nicht möglich. Die
Verfallklausel würde ihren Sinn verfehlen, wenn man es genügen ließe,
Ansprüche global und schematisch anzumelden, denn dadurch würde
keine Rechtsklarheit gewonnen. Zudem wäre das Land auch nicht in die
Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie es seine
Verteidigung einrichten will: ob es etwa die Forderung ganz oder
teilweise anerkennen oder sie bestreiten soll. |
Dazu eine BAG-Entscheidung (8 AZR 628/05): Macht die Arbeitnehmerin im
Wege einer unbezifferten Feststellungsklage geltend, dass der
Arbeitgeber für zukünftige Schäden als Folge der
Hepatitis-C-Infektion, die sie noch nicht beziffern kann, haftet,
kommt vor dem Eintritt dieser Schäden ein Verfall des
Schadensersatzanspruchs auf Grund der Ausschlussfrist nach § 70 BAT
nicht in Betracht, auch wenn die Rechtsgutverletzung zu einem früheren
Zeitpunkt eingetreten ist.
Also ist auch hier die Frage entscheidend, dass die
Schäden noch nicht bezifferbar waren. Handelt es sich um Schäden,
die etwa zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis
bezifferbar waren, ist es klar, dass man nicht warten kann über die
sechs Monate hinaus. Deswegen hat das Landesarbeitsgericht Köln für
Mobbing-Ansprüche im Jahre 2004 festgestellt: Für
Schadensersatzansprüche eines Arbeitnehmers wegen Mobbing beginnt die
tarifliche Verfallfrist gemäß § 70 BAT spätestens mit dem
Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis.
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+++Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts+++ Die Problematik von Ausschlussfristen sieht das BAG ausweislich der Pressemitteilung Nr. 42/13 inzwischen so: Eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist sei regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für
die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, sei dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt. Im konkreten Fall bestand zwischen den Parteien seit dem 1. September 2009 ein auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine Ausschlussfrist
vereinbart, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Die Klägerin war ab
dem 16. November 2009 arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 verständigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010. Am 26. März 2010 unterrichtete die Klägerin die Arbeitgeberin darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und
sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer am 30. August 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte die Klägerin erstmalig die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen „Mobbings“ geltend.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin vor dem Bundesarbeitsgericht war erfolgreich. Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist können die Parteien eines Arbeitsvertrages weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im
Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB). Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Bei dieser
klaren Gesetzeslage ist ohne besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollten. Im Übrigen wäre auch bei anderem Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche Klausel, anders
als eine tarifvertragliche Normativbestimmung, unwirksam. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zu klären haben, ob eine vorsätzliche Handlung der Arbeitgeberin und ihrer Erfüllungsgehilfen einen Anspruch der Klägerin auf
Schmerzensgeld wegen „Mobbings“ begründet. (Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln - Urteil vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10). |
Haben
Kündigungsschutzklagen fristwahrenden Charakter?
Soweit das Bundesarbeitsgericht in ständiger
Rechtsprechung anerkennt, dass auch mit einer Kündigungsschutzklage
Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden können, betrifft das
nur die durch die Kündigung bedrohten, regelmäßig fällig werdenden
Einzelansprüche. Andere Ansprüche werden davon nicht erfasst.
Dementsprechend sind die Anforderungen an das Geltendmachungsschreiben
ausgestaltet. Es muss eine ernsthafte Leistungsaufforderung
darstellen. Geht es um einen Zahlungsanspruch, muss der Anspruch
grundsätzlich nach Grund und Höhe angegeben werden. Eine genaue
Benennung des Betrages ist nicht erforderlich, eine annähernde
Bezifferung ist jedoch unerlässlich. Hiervon kann nach der
Rechtsprechung aber dann abgesehen werden, wenn dem anderen
Vertragspartner die Höhe der Forderung eindeutig bekannt oder für
ihn ohne weiteres errechenbar ist. Es ist daher von solchen Ansprüchen
auszugehen, die dem "Normalfall" eines Arbeitsverhältnisses
entsprechen, also beim Arbeitgeber, dem Empfänger der Geltendmachung,
als nach Grund und Höhe bekannt vorauszusetzen sind. Ansprüche, die
auf Abweichungen von der bisherigen, zwischen den Parteien des
Arbeitsvertrages praktizierten Verfahrensweise beruhen, müssen
ausdrücklich geltend gemacht werden. Sie unterfallen nicht der
fristwahrenden Wirkung einer Kündigungsschutzklage.
Wichtige
BAG-Entscheidung im Jahre 2010: Enthält ein
vorformulierter Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eine zweistufige
Ausschlussfrist, genügt die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, um
alle durch die Kündigung bedrohten und regelmäßig fällig werdenden
Ansprüche (wie etwa Entgeltanspruch und Schadensersatz wegen
Vorenthaltung der Dienstwagennutzung) im Sinne der vertraglichen
Ausschlussfrist sowohl schriftlich als auch gerichtlich geltend zu
machen. |
Sind Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen mitunter rechtswidrig?
Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist könnte zudem überraschend im Sinne des § 305 c I BGB sein. Derartige Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen sind in der Regel weder überraschend noch ungewöhnlich (BAG und aktuell: LArbG Berlin-Brandenburg im
Jahr 2013). Das BAG hatte mal eine Ausschlussklausel als überraschend und damit unwirksam angesehen, wenn sie nicht im Arbeitsvertrag, sondern nur in einer Betriebsordnung geregelt ist. Nach Auffassung des BAG reicht es auch nicht aus, dass im Arbeitsvertrag unter einem Gliederungspunkt „Verschiedenes“
eine Ausschlussfrist geregelt wird, wobei unter diesem Gliederungspunkt zuvor noch salvatorische Klauseln und nachfolgend die Verpflichtung zur Mitteilung über Veränderungen bei persönlichen Umständen geregelt worden. Eine solche Klausel muss dem Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB entsprechen. Danach muss
ein Hinweis auf die Rechtsfolgen bei verspäteter Geltendmachung enthält. Insofern reicht es allerdings selbst aus, wenn dies nicht ausdrücklich im Text erfolgt. Eine Überschrift mit der Bezeichnung „Ausschlussfrist“ mache vielmehr einen verständigen Arbeitnehmer in genügender Weise erklärlich, dass
bei Verstreichen der Frist die Ansprüche verfallen. |
Wir
haben unter anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den
Arbeitsgerichten bzw. Landesarbeitsgerichten in Köln, Bonn,
Siegburg, Gummersbach, Wuppertal, Hagen, Hamm, Düsseldorf,
Frankfurt, Gießen und Berlin sowie vor dem
Bundesarbeitsgericht betrieben.
Wir haben Kündigungsschutzklagen,
Klagen auf
Lohn und
Gehalt, Schadensersatz, Schmerzensgeld
(vor allem in Mobbing-Fällen),
Karenzentschädigungen,
ordnungsgemäße
Zeugniserteilung und
gegen Abmahnungen in sehr
unterschiedlichen Fallgestaltungen vertreten. Insofern sollte
Ihr Vertrauen in unsere Tätigkeit nicht unbegründet sein.
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