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Kündigung
Schwerbehinderte
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Schwerbehinderte
genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung
des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den
Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts (§ 85
SGB 9). Dies
gilt auch für den Schwerbehinderten gleichgestellte behinderte Menschen.
Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte
Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber
wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2
vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung
einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht
behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Nachgewiesen ist die Eigenschaft als Schwerbehinderter, wenn im Zeitpunkt
des Zugangs der Kündigungserklärung die Schwerbehinderung des
Arbeitnehmers offensichtlich besteht oder positiv festgestellt ist. Das
sagt das Gesetz: Die Vorschriften dieses Kapitels finden ferner keine
Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung die Eigenschaft als
schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt
nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 eine Feststellung wegen
fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte.
Die
Gleichstellung erfolgt, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die
Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht bekommen oder nicht
behalten können. Für
den vorliegenden Fall eines einem Schwerbehinderten Gleichgestellten
heißt dies, dass ein positiver Gleichstellungsbescheid vorliegt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG)
bestand der besondere Kündigungsschutz bisher auch für diejenigen,
die vor Ausspruch der Kündigung beim Versorgungsamt oder einer nach
Landesrecht zuständigen Behörde einen Antrag auf Anerkennung der
Schwerbehinderteneigenschaft oder bei der Agentur für Arbeit auf
Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gestellt haben.
Ursprünglich gab
es elf Versorgungsämter in NRW, die Anfang 2008 aufgelöst
wurden. Inzwischen erledigen die Kommunen (Kreise/kreisfreien
Städte) die Aufgabe. und ihre Aufgaben weitgehend an die Kommunen
übertragen. Die Zuständigkeit ergibt sich nach dem Wohnsitz bzw.
dem gewöhnlichen Aufenthaltsort der Betroffenen. |
Nach der Neuregelung des § 90 Abs. 2 a SGB IX
gilt der besondere Kündigungsschutz im laufenden Antragsverfahren jetzt
nur noch, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung ein Verfahren
auf Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch beim
Versorgungsamt bzw. der nach Landesrecht zuständigen Behörde anhängig
ist, die jeweils einschlägige Bearbeitungsfrist
nach § 14 SGB IX – zwischen 3 und 7 Wochen – bereits abgelaufen ist
und das Versorgungsamt bzw. die nach Landesrecht zuständige Behörde
trotz Mitwirkung des Antragstellers noch keine Entscheidung getroffen hat.
Die zweite Variante ist die, dass ein Verfahren auf Gleichstellung mit den
schwerbehinderten Menschen bei der Agentur für Arbeit nach
Feststellung eines GdB von 30 oder 40 durch das Versorgungsamt
bzw. die nach Landesrecht zuständige Behörde anhängig ist, in dem die
Agentur für Arbeit in erster Instanz noch nicht entschieden hat.
Nach überwiegender Auffassung kommt es nicht darauf an,
ob der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung
Kenntnis von der Schwerbehinderung bzw. vom Gleichstellungsbescheid hat. Die
Zustimmung zur Kündigung kann vom Arbeitgeber nur innerhalb von zwei
Wochen beantragt werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der
Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis
erlangt. Zur Kenntnis der maßgebenden Tatsachen in diesem Sinne zählt
nicht nur die Kenntnis derjenigen Umstände, die eine außerordentliche Kündigung
arbeitsrechtlich begründen können, sondern auch derjenigen Umstände,
die zur Anwendung des besonderen Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte
führen. |
Kündigung von
Schwerbehinderten - Verfahren
Für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines
schwerbehinderten Menschen ist gemäß § 91 SGB
IX die vorherige Zustimmung durch das Integrationsamt
erforderlich. Die erforderliche Zustimmung ist der wesentliche Inhalt des
besonderen Kündigungsschutzes. Das schafft erhebliche Probleme bei der Kündigung und macht
das Verfahren bei der Kündigung im Prinzip zweispurig. Dabei
ist aber allgemein anerkannt, dass der besondere Kündigungsschutz des §
85 SGB IX unabhängig davon besteht, wie viele Mitarbeiter ein
Arbeitgeber beschäftigt.
Der Arbeitgeber kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb
von 2 Wochen beantragen (§ 91 Abs. 2 SGB
IX).
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber
von den für
die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dabei kommt es auf
die Kenntnis der Person beim Arbeitgeber an, der im konkreten Fall das
Recht zur Kündigung zusteht. Zu den für die Kündigung maßgebenden
Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift gehört auch die Kenntnis der
Schwerbehinderteneigenschaft oder dass ein Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter
gestellt worden ist. Hat der Arbeitgeber gekündigt und erfährt er
erst in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht von der
Schwerbehinderteneigenschaft, dann beginnt zu diesem Zeitpunkt die
genannte Antragsfrist. Innerhalb der Zweiwochenfrist muss der Antrag
beim Integrationsamt eingehen.
Dem Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einer schnellen Klärung
der Rechtslage bei der außerordentlichen Kündigung wird dadurch Rechnung
getragen, dass das Integrationsamt die Entscheidung innerhalb
von 2 Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages auf Zustimmung
zur Kündigung an zu treffen hat (§ 91 Abs. 3 SGB IX). Wird innerhalb der
Zweiwochenfrist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als
erteilt, d.h. die Zustimmung wird fingiert.
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Verhältnis
Kenntnis des wichtigen Grundes (bei der außerordentlichen also fristlosen
Kündigung) und Zwei-Wochen-Frist nach § 91 Abs. 2 SGB
IX
Grundsätzlich gilt nach dem
Gesetz: Die Kündigung kann auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2
Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgen, wenn sie unverzüglich nach
Erteilung der Zustimmung erklärt wird. Einer förmlichen
Zustellung der Zustimmungsentscheidung vor Ausspruch der Kündigung bedarf
es nicht. Der Arbeitgeber kann die außerordentliche Kündigung erklären,
sobald die Entscheidung des Integrationsamtes im Sinne des § 91
Abs. 3 SGB IX “getroffen” ist. Das ist bereits
dann der Fall, wenn das Integrationsamt dem Arbeitgeber die Entscheidung mündlich
oder fernmündlich bekannt gegeben hat
Hier stellt das
Bundesarbeitsgericht entscheidend fest: Dann hat der
Arbeitgeber sichere Kenntnis davon, dass das Integrationsamt in seinem
Sinne entschieden hat. Er braucht dann nicht mehr mit der Kündigung zu
warten und darf es auch nicht, weil er ansonsten nicht unverzüglich kündigen
würde. |
Das Integrationsamt darf sich
grundsätzlich nicht darauf beschränken, den Sachverhalt nur überschlägig
und summarisch zu prüfen, auch wenn kein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund
und Behinderung besteht. Das Integrationsamt soll gemäß § 91 Abs. 4 SGB
IX die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt,
der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Das Ermessen
ist also in diesem Fall eingeschränkt, sodass man also hier nicht die
Überprüfung der arbeitgeberseitigen Kündigungsgründe erwarten darf. Das Integrationsamt darf bei
fehlendem Zusammenhang im Regelfall die Zustimmung nicht versagen, wenn
kein besonderer sachlicher Grund ausnahmsweise eine Abweichung
rechtfertigt. Dabei sollte man insbesondere beachten, dass bei fehlendem
Zusammenhang das Integrationsamt insbesondere nicht prüfen darf, ob der
festgestellte Kündigungsgrund ein „wichtiger Grund“ im Sinne des §
626 BGB ist, weil dies über den Schutzzweck des SGB IX hinausgeht. Hierüber
entscheidet allein das Arbeitsgericht!
Etwas anderes gilt dann, wenn die vom Arbeitgeber herangezogenen Gründe
eine fristlose Kündigung offensichtlich nicht
rechtfertigen. Dabei handelt es sich aber um einen
Ausnahmefall, der regelmäßig nicht vorliegen wird.
Das Ermessen des Integrationsamtes ist dagegen nicht eingeschränkt, wenn
es einen Zusammenhang zwischen Kündigung und
Behinderung feststellt. In diesem Fall trifft es wie bei der
beantragten Zustimmung zur ordentlichen Kündigung eine Entscheidung
danach, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten
Menschen zumutbar ist oder nicht.
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Gegen Entscheidungen des Integrationsamts und
des Arbeitsamts gemäß dem SGB IX können Behinderte oder Arbeitgeber
Widerspruch einlegen. Der Arbeitgeber kann allerdings die Entscheidung
des Arbeitsamtes, die seinen Arbeitnehmer Schwerbehinderten
nach § 2 SchwbG gleichstellt, nicht anfechten (BSG vom 19.12.2001 - B 11
AL 57/01 R).
Ändert die Behörde die Entscheidung nicht ab,
entscheidet der jeweilige Widerspruchsausschuss über den Widerspruch. Gegen
die Entscheidung des Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt ist
Klage vor dem Verwaltungsgericht,
gegen die des Widerspruchsausschusses beim Landesarbeitsamt ist Klage vor
dem Sozialgericht möglich.
Ist im Kündigungsschutzverfahren die Zustimmung zur Kündigung eines
schwerbehinderten Arbeitnehmers erteilt worden, hat der Widerspruch
keine aufschiebende Wirkung, d.h. er kann den Arbeitgeber nicht
an der Kündigung hindern (§ 88 Abs. 4 SGB IX). Der Arbeitgeber trägt
jedoch das Risiko, dass die Kündigung bei Erfolg des Rechtsmittels
unwirksam ist.
Für die Entscheidung über den Widerspruch gegen die Zustimmung zur Kündigung
ist der einer Kündigung zugrunde liegende historische Sachverhalt maßgebend.
Dies bedeutet, dass es auf den Sachverhalt ankommt, wie er sich zum Zeitpunkt
der ersten Kündigungsentscheidung dargestellt hat. Spätere
Entwicklungen, z.B. auch gesundheitliche Veränderungen, werden insoweit
nicht berücksichtigt. Dagegen kommt es bei der Beurteilung des
Sachverhalts auf den Zeitpunkt der Entscheidung des
Widerspruchsausschusses an, wenn das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung
versagt hat.
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Kündigung
- Schwerbehinderung - Kenntnis
des Arbeitnehmers
Zu den Problemen
einer fehlenden Zustimmung im Blick auf die Kündigungsschutzklagefrist.
Verkürzte Darstellung nach BAG vom 13.02.2008 - 2 AZR 864/06: Will ein
Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt
oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam, so muss er innerhalb von drei
Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht
auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung
nicht aufgelöst ist.
Wann beginnt die Klagefrist nach § 4
Satz 1 zu laufen, wenn gekündigt wird, aber die Zustimmung des
Integrationsamts fehlt. Dies ergibt sich aus § 4
Satz 4 KSchG. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde
bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der
Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab. Das
Bundesarbeitsgericht hat zu § 113 Abs. 2 InsO aF entschieden, das
Erfordernis der vorherigen Zustimmung einer Behörde zur falle unter den
Anwendungsbereich des § 4 Satz 4 KSchG. Das gilt auch nach der Neufassung
des Gesetzes. Eine ohne Bekanntgabe einer Zulässigkeitserklärung der Behörde
an den Arbeitnehmer diesem gegenüber ausgesprochene Kündigung setze den
Lauf der Dreiwochenfrist wegen § 4 Satz 4 KSchG
nicht in Gang. Der Arbeitnehmer könne deshalb ohne die Begrenzung durch
die Dreiwochenfrist das Fehlen einer Zulässigkeitserklärung bis zur
Grenze der Verwirkung -jederzeit geltend machen, wenn ihm die notwendige
Entscheidung der zuständigen Behörde nicht bekannt gegeben worden sei.
Die Ausnahmevorschrift des § 4 Satz 4 KSchG sei bei dem Erfordernis der
vorherigen Zustimmung einer Behörde zur Kündigung jedenfalls auch in dem
Fall unmittelbar anzuwenden, dass etwa die frühere Hauptfürsorgestelle
bzw. das jetzige Integrationsamt die nach § 85 SGB IX erforderliche
Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten dem Arbeitgeber vor
Ausspruch der Kündigung wirksam erteilt hatte, die Entscheidung der Behörde
dem Arbeitnehmer jedoch erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt gegeben
worden ist. Die gesetzliche Ausnahmeregelung des § 4 Satz 4 KSchG
rechtfertige es nicht, den Fall, dass der Arbeitgeber kündige, bevor die
zum Ausspruch der Kündigung erforderliche Zustimmung der Behörde
vorliege oder gar bevor sie beantragt sei, anders zu behandeln als den
Fall, dass die Zustimmung der Behörde bei Kündigungsausspruch dem
Arbeitgeber, nicht jedoch dem Arbeitnehmer, vorliege. Wenn das Kündigungsschutzgesetz
im Fall der Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung allein auf die
Bekanntgabe der Zustimmung an den Arbeitnehmer abstelle und die Klagefrist
erst ab diesem Zeitpunkt laufen lasse, so bedeute dies, dass der
Arbeitnehmer, dem die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung einen
besonderen gesetzlichen Schutz gewähre, sich im Fall einer Kündigung zunächst
darauf verlassen könne, dass die Kündigung mangels Zustimmung der Behörde
unwirksam sei. Erst ab der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde,
nicht bereits ab Zugang der Kündigung, müsse er nunmehr innerhalb der
gesetzlichen Klagefrist reagieren. Der Arbeitnehmer wisse in einem
derartigen Fall nicht einmal, ob der Arbeitgeber überhaupt eine behördliche
Zustimmung zu der Kündigung beantragt habe. Bis zur Bekanntgabe der
Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer habe dieser regelmäßig
keine hinreichende Kenntnis darüber, ob der Arbeitgeber die behördliche
Zustimmung beantragt habe, wie die Behörde entschieden habe, ob dem
Arbeitgeber bereits rechtswirksam eine Zustimmung erteilt worden sei und
aus welchen Gründen dies ggf. geschehen sei. Diesem Informationsdefizit
trage die gesetzliche Regelung Rechnung, nach der die Klagefrist erst ab
Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung an den Arbeitnehmer zu laufen
beginne. Komme es nicht zu einer solchen Bekanntgabe, weil der Arbeitgeber
eine Zustimmung überhaupt nicht beantragt habe, sei das Recht zur
Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung dann nur durch die Grundsätze
der Verwirkung begrenzt. Daran
hält das BAG nach der Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes
fest. Die Übernahme des § 4 Satz 4 KSchG spreche dafür, dass der
Gesetzgeber trotz des grundsätzlichen Ansatzes, alle Unwirksamkeitsgründe
unter § 4 Satz 1 KSchG zu erfassen, es vermeiden wollte, dass der
Arbeitgeber etwa bei einer Schwerbehinderung das gesetzlich festgelegte
Verfahren vor dem Integrationsamt unterläuft. Dies könnte er aber ohne
die Regelung des § 4 Satz 4 KSchG, indem er zunächst einmal trotz
Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft kündigt, um abzuwarten, ob
sich das behördliche Verfahren einfach dadurch vermeiden lässt, dass der
Arbeitnehmer die Frist des § 4 Satz 1 KSchG versäumt.
Was ist wenn dem Arbeitgeber bei
Ausspruch der Kündigung die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers bzw.
dessen Gleichstellung nicht bekannt war
und der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts folglich auch
nicht beantragt hatte? Dann
muss sich der AN zur Erhaltung
seines Sonderkündigungsschutzes nach § 85 SGB IX
innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung auf diesen
Sonderkündigungsschutz berufen. Teilt der Arbeitnehmer dem
Arbeitgeber seinen Schwerbehindertenstatus bzw. seine Gleichstellung nicht
innerhalb dieser drei Wochen mit, so kann sich der Arbeitnehmer auf den
Sonderkündigungsschutz nicht mehr berufen und mit Ablauf der Klagefrist
des § 4 Satz 1 KSchG ist der eigentlich gegebene Nichtigkeitsgrund nach
§ 134 BGB iVm. § 85 SGB IX wegen § 7 KSchG geheilt. § 4 Satz 4 KSchG
kommt hier nicht zur Anwendung, denn eine Entscheidung war nicht
erforderlich und konnte dem Arbeitnehmer deshalb auch nicht bekannt
gegeben werden.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer
dem Arbeitgeber seinen Schwerbehindertenstatus bzw. seine Gleichstellung
innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung mitteilt. Dann kann sich der
Arbeitnehmer zwar auf den Sonderkündigungsschutz berufen. Allerdings
muss er zugleich auch die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG einhalten,
denn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war dem Arbeitgeber der
Sonderkündigungsschutz nicht bekannt und er konnte eine Zustimmung nicht
beantragen. Mit Zugang der Kündigung ist die Klagefrist des § 4 Satz 1
KSchG angelaufen. Trotz Bekanntgabe der Schwerbehinderung ist der
Arbeitnehmer nunmehr gehalten, die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG
einzuhalten, um sich auf den eigentlich gegebenen Nichtigkeitsgrund nach
§ 134 BGB iVm. § 85 SGB IX berufen zu können. § 4 Satz 4 KSchG hilft
ihm nicht weiter, denn die Klagefrist war hier zunächst angelaufen und
wird durch die Bekanntgabe der Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nicht
mehr gehemmt. Der Verstoß gegen § 134 BGB iVm. § 85 SGB IX wird nach §
4 Satz 1 KSchG iVm. § 7 KSchG bei nicht rechtzeitiger Klageerhebung
geheilt.
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Frage
nach der Schwerbehinderteneigenschaft
In einem bestehenden Arbeitsverhältnis ist die Frage
nach der Schwerbehinderung nach der Rechtsprechung nicht generell unzulässig.
Wird gefragt, um den Arbeitgeber im Hinblick auf bevorstehende Kündigungen
über das Eingreifen von Schutzvorschriften wie
insbesondere die Zustimmung des Integrationsamteszu Gunsten des
schwerbehinderten Arbeitnehmers zu informieren, ist es dem
Arbeitnehmer wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich bei einer
im Übrigen wirksam ausgesprochenen Kündigung auf die fehlende Zustimmung
des Integrationsamtes zu berufen. Das gilt für den Fall, dass er die
zuvor an ihn gestellte Frage wissentlich falsch beantwortet und das
Integrationsamt einer nachfolgenden Kündigung des Arbeitsverhältnisses
zugestimmt hat.
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Rechtsmittel des Schwerbehinderten
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Die Rechtsmittel im besonderen Kündigungsschutz
sind im 2. Teil des SGB IX geregelt. Folgende Konstellationen sind denkbar:
Kündigung ohne vorherige Zustimmung des
Integrationsamts
- Klage vor dem
- Klageantrag richtet sich auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis wegen
fehlender Zustimmung des Integrationsamts fortbesteht
- Grundsätzlich muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung
geklagt werden.
Arbeitgeber kündigt mit vorheriger
Zustimmung des Integrationsamts
- Rechtsmittel sind Widerspruch gegen Zustimmung und Klage
- Zuständig ist der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt (§119
SGB IX) sowie Arbeitsgericht
- Das Verfahrensziel ist die Aufhebung des Bescheides des Integrationsamtes und Versagung
der Zustimmung; Parallel dazu: Kündigung ist nach dem KSchG sozial
ungerechtfertigt
- Monatsfrist parallel dazu: innerhalb von 3 Wochen
(§ 4 KSchG)
Widerspruchsausschuss weist Widerspruch zurück
- Klage gegen Widerspruchsbescheid
- Zuständiges Gericht ist das Verwaltungsgericht
- Der Klageantrag richtet sich auf die Aufhebung der Bescheide des
Integrationsamtes und des Widerspruchsausschusses
- Klagefrist innerhalb eines Monats
Rechtsmittel des Arbeitgebers
Integrationsamt versagt Zustimmung zur Kündigung
- Rechtsmittel ist der Widerspruch gegen Versagung der Zustimmung
- Zuständige Stelle ist der Widerspruchsausschuss beim
Integrationsamt
- Antrag zielt auf die Aufhebung des Bescheides des Integrationsamtes
und Zustimmung zur Kündigung
- Monatsfrist!
Widerspruchsausschuss weist Widerspruch zurück
- Rechtsmittel: Klage gegen Widerspruchsbescheid
- Zuständige Stelle: Verwaltungsgericht
- Ziel: Aufhebung der Bescheide des Integrationsamts und des
Widerspruchsausschusses und Verpflichtung zur Erteilung der Zustimmung
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Ein Blick in das Gesetz
§ 87 SGB IX
Antragsverfahren
(1) Die Zustimmung zur Kündigung beantragt der
Arbeitgeber bei dem für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen
Integrationsamt schriftlich. Der Begriff des Betriebes und der Begriff der
Dienststelle im Sinne des Teils 2 bestimmen sich nach dem
Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht.
(2) Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des
Betriebsrates oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein
und hört den schwerbehinderten Menschen an.
(3) Das Integrationsamt wirkt in jeder Lage des
Verfahrens auf eine gütliche Einigung hin.
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§ 91 SGB IX
Außerordentliche Kündigung
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten mit Ausnahme
von § 86 auch bei außerordentlicher Kündigung, soweit sich aus den
folgenden Bestimmungen nichts Abweichendes ergibt.
(2) Die Zustimmung zur Kündigung kann nur innerhalb von
zwei Wochen beantragt werden; maßgebend ist der Eingang des Antrages bei
dem Integrationsamt. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der
Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis
erlangt.
(3) Das Integrationsamt trifft die Entscheidung innerhalb
von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages an. Wird innerhalb
dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als
erteilt.
(4) Das Integrationsamt soll die Zustimmung erteilen,
wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang
mit der Behinderung steht.
(5) Die Kündigung kann auch nach Ablauf der Frist des
§ 626 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgen, wenn sie
unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird.
(6) Schwerbehinderte Menschen, denen lediglich aus Anlass
eines Streiks oder einer Aussperrung fristlos gekündigt worden ist,
werden nach Beendigung des Streiks oder der Aussperrung wieder
eingestellt.
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Wir haben unter
anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den Arbeitsgerichten bzw.
Landesarbeitsgerichten in Berlin, Hamburg, Köln, Bonn, Siegburg, Aachen,
Herford, Gummersbach, Wuppertal, Oberhausen, Hagen, Hamm, Frankfurt und Düsseldorf sowie vor dem Bundesarbeitsgericht
betrieben.
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