Missbilligende
Äußerungen
Missbilligende
Äußerungen eines Dienstvorgesetzten, die nicht ausdrücklich
als Warnung oder Verweis bezeichnet werden (Zurechtweisungen,
Ermahnungen, Rügen und dergleichen), sind im Zweifel keine
Disziplinarstrafen. Bei solchen
Missbilligungen ist nicht der Rechtsweg zu den Disziplinargerichten,
sondern zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten gegeben.
Beispielsweise in NRW: Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines
bestimmten Verhaltens. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen,
Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis
bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.
Der Rechtsschutz gegen
Missbilligungen ist in der Landesdisziplinarordnung nicht den
Disziplinargerichten zugewiesen. Für die Entscheidungen im förmlichen
Disziplinarverfahren und für die richterliche Nachprüfung der
aufgrund dieses Gesetzes ergehenden Anordnungen und Entscheidungen
insbesondere der Dienstvorgesetzten sind die Disziplinargerichte
ausschließlich zuständig. Das Recht, solche Missbilligungen
auszusprechen, beruht auf dem allgemeinen Beamtenrecht, vor allem auf
der Geschäftsleitungsbefugnis, Weisungsbefugnis und Aufsichtsbefugnis
der Dienstvorgesetzten. Jedenfalls gegen eine Missbilligung, wie sie
dem Kläger erteilt worden ist, kann der betroffene Beamte
gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Denn der schriftlich
erteilte förmliche Vorwurf dienstpflichtwidrigen Verhaltens ist
geeignet, den Beamten in seinen Rechten zu verletzen, wenn er nicht
berechtigt und folglich rechtswidrig ist. Gegen eine Missbilligung
dieser Art ist deshalb verwaltungsgerichtlicher
Rechtsschutz gegeben. Der
Kläger hat sein Begehren zumindest auch als allgemeine Leistungsklage
auf Widerruf gestellt.
Hierbei kann offen bleiben, ob die umstrittene
Missbilligung als anfechtbarer Verwaltungsakt (§ 42 VwGO) anzusehen
ist. Jedenfalls erscheint ein Anspruch auf Widerruf möglich. Dem
Beamten obliegt die allgemeine Dienstpflicht, dass sein Verhalten
innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen
gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Diese allgemeine
Pflicht verlangt u.a. ein achtungsvolles und taktvolles Verhalten gegenüber
Kollegen und Mitarbeitern. Dazu gehört, dass der Beamte Vorwürfe und
Beschuldigungen gegen Kollegen und Mitarbeiter nur nach sorgfältiger
Prüfung und in angemessener Form erheben darf. Erhebt er in einer
Dienstaufsichtsbeschwerde schwerwiegende Vorwürfe gegen Kollegen und
Mitarbeiter, so darf er deren Würde und Lauterkeit nicht über das
zur Darstellung und Klärung der Vorwürfe notwendige Maß hinaus in
Frage stellen. Der Beamte kann mit solchen Äußerungen in einer
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen diese Pflicht verstoßen. Zwar darf
die Tatsache der Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde dem Beamten
nicht zum Nachteil gereichen. Der Beamte hat hierbei aber seine
Beamtenpflichten einzuhalten. Dabei ist zu beachten, dass dem
Dienstvorgesetzten bei der Frage, ob und wie er im Falle einer Dienstpflichtverletzung eines Beamten einschreitet, ein weites
Ermessen zusteht.
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Irrtum
Weiß der Beamte, dass sein Verhalten rechtlich
schlechthin verboten ist, so ist ein Irrtum darüber, ob sein Tun oder
Unterlassen für ihn auch dienstrechtliche Folgen haben kann (z.B. weil
er irrig annimmt, eine außerdienstlich begangene Straftat stelle kein
Dienstvergehen dar), unbeachtlich. Denn ein solcher Irrtum betrifft die
disziplinarrechtliche Relevanz der Tat. Dieser
"Rechtsfolgenirrtum" ist im Disziplinarrecht irrelevant. |
Sexuelle
Zudringlichkeiten
Dienstvergehen aufgrund sexueller Belästigung am
Arbeitsplatz führen nach dem Bundesverwaltungsgericht in einer
Entscheidung aus dem Jahre 2009 nicht regelmäßig zu einer bestimmten
Maßnahme. Die Handlungsbreite, in der sexuelle Zudringlichkeiten im
Dienst denkbar sind, ist nach Auffassung des Gerichts zu umfangreich,
als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen
auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können.
Immer sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In
schweren Fällen innerdienstlicher sexueller Belästigung weiblicher
oder männlicher Mitarbeiter, vor allem wenn der Beamte gerade unter
Ausnutzung seiner Vorgesetzteneigenschaft versagt und dadurch nicht nur
seine Integrität in der Dienststelle weitgehend einbüßt, sondern auch
sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert, kann
sich grundsätzlich die Frage seiner weiteren Tragbarkeit im öffentlichen
Dienst stellen, während in minderschweren Fällen eine mildere
Disziplinarmaßnahme verhängt werden kann.
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