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Mobbingverhalten
Dienstherr
Beamter
Fürsorgepflicht
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Mobbing bei und unter Beamten ist im Blick auf typische Verletzungshandlungen kein spezifisches Phänomen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
des Beamten vor rechtswidrigen persönlichen Angriffen durch Vorgesetzte und Mitarbeiter in Gestalt des Mobbings.
Auch hier kommen als Konsequenzen Unterlassungen, Schmerzensgeld und Schadensersatz in Betracht. Spezifisch wird die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Mobbing im Beamtenrecht erst durch den Umstand, dass Beamte nicht kündbar sind. Insofern kann hier lediglich die Frage der Dienstfähigkeit erörtert werden,
wenn der Beamte nicht um Entlassung nachersucht - was er regelmäßig nicht tun wird. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Fragen des Mobbing häufig im Kontext von Fragen der Dienstfähigkeit erörtert werden.
Für die Frage der Dienstunfähigkeit und der Zurruhesetzung ist
allerdings nicht entscheidend, worauf sie zurückzuführen ist und ob der
Dienstherr in der Vergangenheit seine Fürsorgepflicht gewahrt hat
(Aktuell OVG Münster 2018). Uns ist diese spezifische Problematik aus diversen Verfahren gut bekannt. |
Mobbing und Primärrechtsschutz
Im öffentlichen Recht und insbesondere im Beamtenrecht
beansprucht gilt der in § 839 Abs. 3 BGB enthaltene Rechtsgedanke.
Danach tritt eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln
nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen
hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das
rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden, wenn also für
den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand.
Der grundsätzliche Vorrang des primären Rechtsschutzes beansprucht auch
und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis einschließlich des
Anspruchs auf Schadensersatz nach § 78 BBG Geltung. Der zeitnah in
Anspruch zu nehmende und durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete
gerichtliche Primärrechtsschutz nebst vorgeschaltetem
Verwaltungsverfahren ist nach der Rechtsprechung am ehesten zur
Aufklärung und Würdigung komplexer Verwaltungsentscheidungen im Rahmen
des Beamtenverhältnisses geeignet. |
Interessant ist diese Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat vom
19.02.2009 - 6 A 356/06 zum Thema Mobbing bei
Beamten:
Das Oberverwaltungsgericht weist in
dieser Entscheidung zunächst auf einen rechtlichen Umstand hin, der
auch der arbeitsgerichtlichen Mobbing-Rechtsprechung und allgemeinen
prozessualen Regeln entspricht: Die bloße Behauptung systematisch
anfeindender, schikanierender und diskriminierender Verhaltensweisen von
Vorgesetzten genügt für die Darlegung einer derartigen Verletzung
der Fürsorgepflicht nicht. Die beanstandeten
Verhaltensweisen dürfen nicht nur pauschal und wertend geschildert
werden. Vielmehr müssen sie so konkret und substantiiert dargestellt
werden, dass sie einer Überprüfung zugänglich sind. Dies setzt die
Darlegung eines Tatsachenkerns voraus, der mit konkretem Gegenvortrag
bestritten werden kann. Das Gericht verweist ausdrücklich auf den
arbeitsrechtlichen Begriff des Mobbings, wie es die
Landesarbeitsgerichte – unter anderem (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 11. Januar 2008 - 9 Sa 489/07 -; LAG Köln, Urteil vom 21. April
2006 - 12 (7) Sa 64/06; LAG Schleswig-Holstein; Urteil vom 28. März
2006 - 5 Sa 595/05 -, NZA-RR 2006, 402 – entwickelt haben.
Diesen Anforderungen genügte das
Vorbringen der Klägerin dieser Entscheidung nicht. Sehr typisch folgte
daraufhin dieser Vortrag des Gerichts: Die Vorwürfe der Klägein gegen
den Schulleiter und andere Beteiligte seien ausschließlich wertend und
pauschal. Deren Verhalten beschrieb sie in der Gegendarstellung zum
Schulleitergutachten vom 7. September 2003 durchgängig als
"Machtspiele mit Geschrei, Gebrüll, Drohungen und
Mundverbieten", "ständige Schikanen",
"erniedrigend" und, soweit es um die Bewertung ihrer
Leistungen ging, als "Verleumdungen" und
"Unwahrheiten". Dieser Vortrag war mangels Tatsachenkerns mit
konkretem Gegenvortrag nicht bestreitbar und einer Überprüfung nicht
zugänglich. Das galt auch für den Vorwurf der Verleumdung und
Verbreitung von Unwahrheiten. Die Klägerin stellte nicht objektiv überprüfbare
Tatsachenbehauptungen der genannten Personen in Frage, sondern nur
Werturteile. Soweit sie konkrete Gegebenheiten wie einen Anruf des
Schulleiters am 6. Februar 2002 oder ein Gespräch mit ihm an einem
Sonntag in T. schilderte, waren nicht inhaltliche Äußerungen oder
konkret beschriebene Verhaltensweisen Gegenstand des Vorwurfs, sondern
das lediglich allgemein als "unverschämt", "brüllend"
und "einschüchternd" bezeichnete Auftreten des
Schulleiters. |
Probleme der
Zurechnung
Ob die Schulleiterbeurteilung vom 5.
August 2003 als solche die Erkrankung der Klägerin verursacht hat, kann
offen bleiben. Eine derartige Folge wäre dem beklagten Land nicht in
der Weise zuzurechnen, dass sie das Ermessen bei der Entscheidung über
die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst einschränken würde. Dabei
kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Beurteilung
rechtswidrig war. Für die Zurechnung genügt es nicht, dass eine
rechtswidrige Handlung von Bediensteten des Dienstherrn conditio sine
qua non für die Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten ist, also
nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Dienstunfähigkeit
entfiele. Vielmehr muss diese eine adäquate Folge der rechtswidrigen
Handlung sein. Das ist nur der Fall, wenn der Dienstherr mit einem
derartigen Kausalverlauf rechnen musste. Objektiv außergewöhnliche,
nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassende
Geschehensabläufe sind ihm nicht zuzurechnen, weil dies zu einer
uferlosen Ausweitung seiner Verantwortlichkeit führen würde.
Dienstunfähigkeit
Die Dienstunfähigkeit der Klägerin
ist keine adäquate Folge des Schulleitergutachtens vom 5. August 2003.
Zwar mag vorhersehbar sein, dass eine schlechte Beurteilung beim
Betroffenen zu einer psychischen Belastung führen kann, es muss aber in
aller Regel nicht mit weitergehenden Beeinträchtigungen gerechnet
werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte für die
angestrebte Beamtenlaufbahn - auch gesundheitlich - geeignet ist.
Vorauszusetzen ist damit eine psychische Konstitution des Beamten, die
ihn dazu befähigt, sich mit einer im sachlichen Rahmen bleibenden
Kritik auch dann konstruktiv auseinander zu setzen, wenn sie
unberechtigt ist. Dementsprechend ist nach dem regelmäßigen Verlauf
der Dinge außer Betracht zu lassen, dass der Beamte aufgrund einer den
genannten Rahmen wahrenden Beurteilung dauerhaft erkranken und deswegen
seinen Dienst nicht mehr - auch nicht an einer anderen Ausbildungsstelle
- aufnehmen könnte. Vielmehr darf von dem Beamten erwartet werden, dass
er Einwände gegen eine derartige Beurteilung
in dem dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahren erhebt.
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Wer den
Dienstherrn wegen Mobbing zur
Rechenschaft ziehen will, muss die Verletzung von Pflichten darlegen und
beweisen. Vgl. die Argumentation des Verwaltungsgerichts Würzburg (27.06.2006 - W 1 K 04/1027):
Ein solcher Anspruch setzt die Verletzung der
beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht bzw. die Verletzung sonstiger
beamtenrechtlicher Verpflichtungen auf Seiten des Dienstherrn voraus.
Ein solcher Anspruch ist nach gefestigter obergerichtlicher
Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur durchaus
neben einem Amtshaftungsanspruch i.S.d. Art 34 S. 1 GG i.V.m.
§ 839 BGB denkbar und möglich und kann getrennt verfolgt werden. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ist unter „Mobbing“ der Missbrauch der Stellung
eines Vorgesetzten zu verstehen, um einen Untergebenen systematisch und
fortgesetzt zu beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung
handelt es sich
bei „Mobbing“ um fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander
übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende
Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer
übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich
sind und in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die
Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ob ein
systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren vorliegt, ist
einzelfallabhängig. Dabei ist eine Abgrenzung
zu dem in einem Betrieb im Allgemeinen üblichen oder rechtlich
erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede
Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Vorgesetzten
und Untergebenen erfüllt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts
Würzburg den Begriff des „Mobbing“. Kurzfristigen
Konfliktsituationen mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen fehlt
regelmäßig die systematische Vorgehensweise.
Es geht also immer um eine Gesamtheit der Handlungen, die eine Haftung aufgrund der
Einzelereignisse verbindenden
Systematik und ihres Fortsetzungszusammenhangs begründen. Immer ist ein
Fortsetzungszusammenhang zwischen den jeweiligen Ereignissen notwendig.
Das Gericht konstatiert dann eine, unserer Auffassung
nach sehr problematische Erweiterung der Begrifflichkeit: Das gegen eine Person gerichtete
Verhalten erfolgt dann systematisch, wenn sich aus einer Kette von
Vorfällen ein System erkennen lässt,
meint das Gericht.
Das allerdings ist nach unserer Einschätzung eine
Anforderung, die eine inhaltliche Komponente besitzt, für die wir keine
gesetzliche Grundlage erkennen können. Denn würden etwa wiederholt und
permanent Mobbing-Maßnahmen
erfolgen, würde aber nicht erkennbar werden, dass hier ein System der
Schikane dahintersteht, etwa einen Beamten zur Beendigung des
Dienstverhältnisses zu bewegen.
Das Gericht führt noch weiterhin aus: Die Literatur
geht davon aus, dass die Ursachen und Motive eines Mobbing vielschichtig
sind, in der Regel sind mehrere Gründe gleichzeitig maßgeblich. Zweck
des Mobbings ist regelmäßig die soziale Ausgrenzung des Opfers
aufgrund eines Konflikts und schließlich die Verdrängung aus dem
Arbeitsbereich.
Ziel der Maßnahmen ist üblicherweise nicht der eigentliche
Streitgegenstand, sondern die Person des Gegners.
Das ist sehr richtig beobachtet, denn regelmäßig
findet ein Etikettenschwindel statt, der unter Umständen durch
Mobbingkommissionen noch weiter kaschiert wird, m. a. Worten: Es gibt
praktisch nie einen Mobber, der seine Mobbingabsicht
einräumt.
Eine faire und offene
Lösung erscheint den Akteuren stets zu riskant. Das Gericht
unterscheidet zwischen Vorgesetzten-, Kollegen- und Mitarbeitermobbing. Ein
oder mehrere Täter handeln mitunter planmäßig, um den eigenen
Machtbereich zu festigen. Ebenso können mehrere Täter gegebenenfalls
auch aus verschiedenen Hierarchieebenen heraus gemeinsam dieselbe Person
aus völlig unterschiedlichen Motiven mobben, wobei sie lediglich die
Zielstellung einigt.
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Sammlung zur
Mobbing-Rechtsprechung >>
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Prozessuale
Besonderheiten beim Verwaltungsgericht
Soweit Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der
Fürsorgepflicht, wegen Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechtes und ein Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht
werden, ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Leistungsklage,
dass die behaupteten Schadensersatzansprüche von der Klägerin vor
Erhebung der Klage gegenüber der Beklagten im Wege eines Antrags
geltend gemacht worden sind. Bei auf Schadensersatz (oder
Folgenbeseitigung) gerichteten Verpflichtungs- und Leistungsklagen ist
ein vorheriger Antrag an die Behörde eine
nicht nachholbare Klagevoraussetzung.
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Versetzung
bei Spannungen
Ein dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung kann
sich aus dauernden innerdienstlichen Spannungen ergeben, wenn sie die
reibungslose Zusammenarbeit und den täglichen Dienstbetrieb beeinträchtigen
und das Spannungsverhältnis nur durch die Trennung der
Streitbeteiligten gelöst werden kann (BVerwG-Rechtsprechung). Dabei ist
im Rahmen der Prüfung, ob ein dienstliches Bedürfnis vorliegt, grundsätzlich
nicht erheblich, welcher der an einem Dauerspannungsverhältnis
Beteiligten daran ein Verschulden trägt. Wenn zur Behebung des
Missstandes die Versetzung eines bestimmten Streitbeteiligten geboten
erscheint, ist das Bedürfnis, ihn zu versetzen, unabhängig davon zu
bejahen. Bei festgestelltem dienstlichen Bedürfnis entscheidet der
Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wie er von der
Versetzungsbefugnis Gebrauch machen will. Dabei hat er in seine
Ermessensentscheidung all diejenigen Gesichtspunkte einzustellen und zu
würdigen, deren Berücksichtigung die Fürsorgepflicht und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
erfordern. Dazu gehören insbesondere auch die im Rahmen des
Verwaltungsverfahrens zur Versetzung vorgetragenen Einwände des zu
Versetzenden, solange sie nicht völlig neben der Sache liegen. Handelt
es sich um mehrere Beamte, die aus dem dienstlichen Bedürfnis für eine
Versetzung in Frage kommen, muss der Dienstherr ein pflichtgemäßes
Auswahlermessen ausüben. Dabei können nach der Rechtsprechung Fürsorgegründe,
Eignungen, Konfliktbeteiligung und die Schuldfrage eine ausschlaggebende
Bedeutung für die „Störerauswahl“ haben. |
Wir
haben unter anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den
Arbeitsgerichten bzw. Landesarbeitsgerichten in Köln, Bonn, Siegburg,
Gummersbach, Wuppertal, Düsseldorf, Hagen, Hamm, Frankfurt und Berlin sowie vor dem
Bundesarbeitsgericht betrieben.
Wir haben Kündigungsschutzklagen,
Klagen auf Lohn
und Gehalt,
Schadensersatz, Schmerzensgeld (vor
allem in Mobbing-Fällen),
Karenzentschädigungen,
ordnungsgemäße
Zeugniserteilung und gegen Abmahnungen
in sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen vertreten. Insofern sollte
Ihr Vertrauen in unsere Tätigkeit nicht unbegründet sein.
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