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Verwirkung von Mobbingansprüchen im Beamtenverhältnis |
Verwaltungsgericht Weimar |
Auch Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldansprüche wegen (behaupteten) "Mobbings", welche noch nicht verjährt sind, unterliegen dem Rechtsinstitut der Verwirkung (Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen 2013). Die Verwirkung von Rechten ist eine besondere Ausprägung des im öffentlichen Recht einschließlich des Beamtenrechts entsprechend anwendbaren Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Recht verwirkt, wenn der Gläubiger es längere Zeit nicht
ausgeübt hat (Zeitmoment), der Schuldner darauf vertraut hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen werden, und diesem die Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben auch nicht mehr zuzumuten ist (Umstandsmoment).
Demnach ist auf der Seite des Berechtigten zusätzlich zu dem bloßen Zeitablauf ein Verhalten erforderlich, das geeignet ist, bei dem anderen Teil die Vorstellung zu begründen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden. Bei dem anderen Teil ist darüber hinaus eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter
Interessen gefordert, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden, einrichten durfte und eingerichtet hat (BVerwG 2008 und andere). Der anspruchstellende Beamte muss also während eines längeren, hinsichtlich der konkreten Bemessung von
den Umständen des Einzelfalles abhängigen Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Rechtswahrung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich des Anspruchs nichts mehr unternehmen.
In einem konkreten Fall hatte der Beamte nach seiner Zurruhesetzung mit der Geltendmachung eines auf Ausgleich eines immateriellen Schadens gerichteten Schadensersatzanspruchs aus Persönlichkeitsrechtsverletzung und damit zugleich wegen Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ca. 16 1/2 Monate gewartet. Das LAG Nürnberg 2013 hat noch auf einen weiteren Gesichtspunkt hingewiesen. Im Hinblick auf die für Anspruchsteller in der Regel nur schwer zu erfüllende Darlegungs- und Beweislast werden häufig Dokumentationen über
Äußerungen und Verhaltensweisen der die Mobbinghandlungen begehenden Person erstellt. Muss der potentielle Anspruchsgegner aber nicht mehr damit rechnen, mit Schmerzensgeldansprüchen konfrontiert zu werden, so wird das Erinnerungsvermögen an einzelne Äußerungen und Verhaltensweisen in der Regel verblassen. Eine
Notwendigkeit, durch Dokumentationen sich dieses Erinnerungsvermögen zu wahren, wird dann regelmäßig nicht mehr gesehen. |
Der Gesichtspunkt, das Dokumentationserfordernis zur Abwehr etwaiger Entschädigungsforderungen nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG zeitlich auf zwei Monate zu begrenzen, um der Unzumutbarkeit von Dokumentationserfordernissen entgegenzuwirken
hat der Gesetzgeber durch Aufnahme einer zweimonatigen Geltendmachungsfrist in § 15 Abs. 4 AGG Rechnung getragen. Auch wenn es sich vorliegend nicht um eine Entschädigungszahlung wegen einer unerwünschten Verhaltensweise als Benachteiligung im Sinne des AGG handelt, ist
gleichwohl der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass ein Vorgesetzter in einem Unternehmen in Situationen geraten kann, die es erforderlich machen, sich gegen etwaige Mobbingvorwürfe wirksam - d.h., durch Dokumentation von Gesprächen und Verhaltensweisen - zur Wehr setzen zu können.
Auch könnten sich Wertungswidersprüche ergeben, wenn Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche wegen Mobbinghandlungen, die im Hinblick auf Benachteiligungsmerkmale im Sinn des § 1 AGG entstehen, innerhalb von
zwei Monaten geltend gemacht werden müssen, solche, bei denen ein Bezug zu den Merkmalen des § 1 AGG vom Anspruchsteller nicht hergestellt wird, ausschließlich die gesetzliche Verjährungsfrist maßgebend wäre. Um Wertungswidersprüche anderer Art zu vermeiden, bejaht das Bundesarbeitsgericht die Anwendbarkeit der
Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die auf einen Sachverhalt im Sinne des § 15 Abs. 1, 2 gestützt werden (BAG 2012). Auch wenn der entscheidende Gesichtspunkt hierfür vom Bundesarbeitsgericht in der speziellen Beweislastverteilung des §
22 AGG gesehen wird, so muss in Fällen wie dem vorliegenden berücksichtigt werden, dass eine beweisbelastete Partei für den Inhalt eines Gesprächs oder für ein bestimmtes Geschehen, welches allein zwischen den Parteien stattgefunden hat, Beweis dadurch antreten kann, indem sie ihre eigene Anhörung
oder Vernehmung beantragt (BAG 2007). Vor diesem Hintergrund könnte sich ein Anspruchsteller durch ein längeres Zuwarten mit der Geltendmachung von Ansprüchen durch Erstellung entsprechender Dokumentationen in Verbindung mit der Möglichkeit, den Beweis durch die eigene
Aussage zu erbringen, Vorteile verschaffen. Unter den genannten Umständen war das Zuwarten des Klägers von zwei Jahren bis zur Geltendmachung der verfahrensgegenständlichen Ansprüche nach Auffassung des Gerichts als treuwidrig anzusehen. Insofern ist also nicht nur die Frage der Verjährung zu beachten,
was es als besonders ratsam erscheinen lässt, Mobbing-Ansprüche nicht auf die lange Bank zu verschieben.
Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm |
Wir
haben unter anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den Arbeitsgerichten
bzw. Landesarbeitsgerichten in Köln, Bonn, Siegburg, Gummersbach,
Wuppertal, Düsseldorf, Hagen, Hamm, Frankfurt, Hamburg und Berlin sowie
vor dem Bundesarbeitsgericht betrieben.
Wir haben Kündigungsschutzklagen,
Klagen auf Lohn
und Gehalt,
Schadensersatz, Schmerzensgeld (vor
allem in Mobbing-Fällen),
Karenzentschädigungen,
ordnungsgemäße
Zeugniserteilung und gegen Abmahnungen
in sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen vertreten. Insofern sollte Ihr
Vertrauen in unsere Tätigkeit nicht unbegründet sein.
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