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Unterhalt
1612a BGB
Unterhaltsgewährung
bei minderjährigen Kindern
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Mit
der Vorschrift des 1612a BGB
verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, die prozessuale Stellung des
unterhaltsbedürftigen minderjährigen Kindes zu verbessern und die Unterhaltstitel
automatisch an die allgemeine Einkommensentwicklung anzupassen.
§ 1612a BGB
legt die Art der Unterhaltsgewährung bei minderjährigen Kindern
gesetzlich so fest:
Ein minderjähriges Kind
konnte zuvor von einem Elternteil, mit dem
es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Vomhundertsatz des
jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen.
Die Regelbetrag-Verordnung
wurde abgeschafft.
Grundsatz: Ein minderjähriges Kind kann von einem
Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als
Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der
Mindestunterhalt richtet sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche
Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1
des Einkommensteuergesetzes.
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Unterhaltsberechnung
(Beispielschema)
Gesamt-Brutto |
abzgl. LSt. |
abzgl. Solidaritätszuschlag |
abzgl. KiSt. |
abzgl. KV |
abzgl. RV |
abzgl. AV |
abzgl. PV |
verbleibt Netto |
verbleibendes Einkommen |
abzgl. Netto-AG-Anteil VwL |
abzgl. Steuernachzahlung |
verbleiben |
monatlich Netto |
Dann können etwa noch Fahrtkosten abgesetzt werden.
Aber - OLG Rechtsprechung: Berufsbedingte Aufwendungen wie
Fahrtkosten, die nahezu die Hälfte des Nettoeinkommens umfassen, sind
unterhaltsrechtlich nicht hinnehmbar. Stehen die berufsbedingten
Fahrtkosten in keinem Verhältnis zum Nettoeinkommen hat der
Unterhaltsschuldner ggf. öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, den
Wohnort zu wechseln oder eine neue näher gelegene Arbeitsstelle zu
suchen, soweit ihm dies jeweils zumutbar ist.
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Selbstbehalt
Unterhaltspflichtig
ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande
ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu
gewähren. Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren
minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle
verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu
verwenden (gesteigerte Erwerbsobliegenheit).
Die Leistungsfähigkeit
eines Unterhaltsschuldners bestimmt sich insbesondere im Verhältnis zu
seinen minderjährigen oder privilegierten Kindern somit nicht allein
nach den tatsächlichen, sondern auch nach denjenigen Einkünften,
die er mit gutem Willen bei bestmöglichem Einsatz seiner beruflichen
Kenntnisse und Fähigkeiten erzielen kann. Zur Sicherung des
Kindesunterhalts ist beispielsweise nach der Rechtsprechung die Aufnahme
einer Nebentätigkeit im Umfang von 400 € neben einer vollschichtigen
Tätigkeit generell nicht unzumutbar.
So reichen nach dem Brandenburgischen OLG nach einer
Entscheidung aus dem Jahre 2005 Standardeinwendungen nicht:
Der auf Zahlung des Regelbetrags in Anspruch genommene
Elternteil muss im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit seine
tatsächliche Leistungsunfähigkeit substanziiert
darlegen und beweisen. Der bloße Hinweis auf den Bezug von
Arbeitslosengeld II genügt nicht. Erst bei einem entsprechenden
substantiierten Vorbringen kann überprüft werden, ob bestimmte Einkünfte
bzw. Vermögenswerte vorhanden sind, die zwar für die Bemessung des
Arbeitslosengeldes II keine Rolle spielen, in unterhaltsrechtlicher
Sicht aber einzusetzen sind.
Dabei ist zu beachten, dass es hier um Unterhalt in Höhe
des Regelbetrages und damit um einen unterhalb
des Existenzminimums liegenden Unterhaltsbetrag für die Kläger
geht. Hierfür hat der Beklagte in zumutbarer Weise sämtlich Einkünfte
und Vermögenswerte einzusetzen, um so diese Regelbeträge befriedigen
zu können. Soweit daher im Rahmen vom Arbeitslosengeld II. gewisse
laufende Einkünfte keine Berücksichtigung finden oder soweit einzelne
Vermögenswerte wie z. B. Lebensversicherungen teilweise anrechnungsfrei
bleiben, gilt dies nicht für den Anspruch der minderjährigen Kinder
auf den Regelbetrag. |
Jugendamtsurkunde
Ist eine Urkunde
errichtet worden und enthält sie die Klausel, dass sie nur bis zum
Eintritt der Volljährigkeit gilt, kann eine Wirksamkeitsverlängerung
nicht durch Feststellungs-, sondern nur mit Leistungsklage geltend
gemacht werden.
Eine zeitlich auf den Eintritt der Volljährigkeit
befristete Jugendamtsurkunde wird zu diesem Zeitpunkt gegenstandslos und
verliert damit seine Wirkung als Vollstreckungstitel. Dies hat zur
Folge, dass es für die Zeit danach eines neuen Vollstreckungstitels
bedarf. Dieser kann allerdings nicht in der Weise herbeigeführt werden,
dass die in der Urkunde enthaltene materiell-rechtliche Regelung im Wege
einer Feststellungsklage fortgeschrieben wird; denn der materielle
Regelungsgehalt der Urkunde, der in der Unterhaltsverpflichtung bis zu
einem bestimmten Zeitpunkt besteht, ist entfallen. Dies wird deutlich,
wenn man berücksichtigt, dass Verpflichtungserklärungen vor dem
Jugendamt nach überwiegender Meinung als deklaratorisches bzw. bestätigendes
Schuldanerkenntnis angesehen werden (OLG Sachsen-Anhalt - 4 WF
40/06). |
Problem:
private Krankenversicherung
Die private Krankenversicherung gehört zum
angemessenen Unterhalt der minderjährigen Kinder. Grundsätzlich sind
Kosten für eine private Krankenversicherung im Unterhalt nach der
Regelbetragsverordnung nicht enthalten, da gemäß Ziffer 11.1. der
unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg die
Tabellensätze keinen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag für das
minderjährige Kind enthalten, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen
Familienversicherung mitversichert ist. |
Anwendung
des Prozentsatzes
Nach dem Wortlaut von §§ 1, 2 der RegelbetragsVO
richtet sich die Höhe des jeweils zu tragenden Regelbetrages ausschließlich
nach dem Wohnsitz des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes.
Danach ist nur dann, wenn der Haushalt des betreuenden Elternteils sich
in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet befindet,
ein geringerer monatlicher Regelbetrag festgesetzt als bei den Kindern,
die im Haushalt eines Elternteiles im alten Bundesgebiet leben. Für das
alte Bundesgebiet:
Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen
Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt
lebt, betragen monatlich 1. in der ersten Altersstufe vom 1. Juli 2007
an 202 Euro, 2. in der zweiten
Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 245 Euro,
3. in der dritten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 288
Euro, anderenfalls 186 Euro,
226 Euro, 267
Euro).
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Kindergeldanrechnung
Damit werden künftige Abänderungsverfahren bei Änderung
der Regelbeträge oder Wechsel des Kindes in eine höhere Altersstufe
der RegelbetragVO vermieden.
Einerseits wird durch eine Erleichterung der Rechtsverfolgung den
Interessen der Unterhaltsberechtigten Rechnung getragen, andererseits
wird aber auch die Entlastung der Rechtspflegeorgane bewirkt. Dem würde
es widersprechen, wenn für die Änderung der Kindergeldanrechnung bei
den nicht selten vorkommenden Änderungen des Kindergeldes stets ein Abänderungsverfahren
notwendig wäre (streitig). |
Übrigens:
Bei unserer juristischen Recherche Ihrer Fälle greifen wir unter
anderem auf das juristische Informationssystem JURIS,
spezifische Prozessformularsammlungen und moderne Unterhalts- und
Zugewinnberechungsprogramme, die teilweise auch von Gerichten verwendet
werden, zu, um auf der Grundlage der neuesten Entscheidungen der
Rechtsprechung und präziser Berechnungen eine aktuelle Bewertung Ihres
Falles zu gewährleisten.
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