Welches Gericht ist zuständig, wenn es um Sorgerechtsstreitigkeiten geht?
Die örtliche Zuständigkeit gem. § 152 Abs.2 FamFG richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Der gewöhnliche Aufenthaltsort eines Kindes liegt dort, wo es sich unter Umständen aufhält, die
erkennen lassen, dass es an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, und wo der Schwerpunkt seiner persönlichen Bindungen liegt, wie der BGH entschieden hat. Regelmäßig ist das Umfeld eines Kindes von geringem Alter weitgehend ein familiäres Umfeld, das durch die Bezugsperson oder
-personen bestimmt wird, mit denen das Kind zusammenlebt. Bei einem Säugling handelt es sich um das soziale und familiäre Umfeld des Personenkreises, auf den es angewiesen ist.
Gewöhnlicher Aufenthaltsort
Dabei hat die Rechtsprechung einen wichtigen Grundsatz entwickelt: Die für den gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 152 Abs. 2 FamFG erforderliche nicht nur geringe oder vorübergehende Dauer heißt nicht, dass im Falle eines Wechsels des Aufenthaltsorts
ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt immer erst nach Ablauf eines mehr oder weniger langen Zeitraums begründet werden könnte und bis dahin der frühere gewöhnliche Aufenthalt fortbestehen würde. Der gewöhnliche Aufenthalt an einem Ort wird in solchen Fällen grundsätzlich schon dann begründet, wenn sich aus den
Umständen ergibt, dass der Aufenthalt an diesem Ort auf längere Zeit angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll. Selbst für den Fall, dass (allein) sorgeberechtigte Elternteil mit dem neuen Aufenthalt des Kindes nicht einverstanden wäre, kann an dem neuen
Aufenthaltsort ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist faktischer, nicht rechtlicher Natur.
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Aufenthaltsort des Fürsorgebedürfnisses
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich dann aus § 152 Abs. 3 FamFG. Danach ist - sofern die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach § 152 Abs. 1 und 2 FamFG nicht gegeben ist - dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk ein Fürsorgebedürfnis hervortritt. Die Vorschrift stellt
- nachdem der Gesetzgeber in § 152 FamFG bewusst auf weitere Zuständigkeitsregelungen verzichtet hat - einen Auffangtatbestand dar, der die in Kindschaftssachen gebotene lückenlose Kodifizierung der örtlichen Zuständigkeit gewährleistet . Das Ziel einer lückenlosen Zuständigkeitsregelung erfordert es, den
Auffangtatbestand des § 152 Abs. 3 FamFG weit auszulegen.
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