Home
Übersicht
| |
"Die Firma"
im digitalen Aktenkrieg
In den USA werden
Prozesse zunehmend von elektronischen Dokumenten geprägt
|
County Courts At Law - McLennan
County Courthouse
Waco, Texas |
Der Antitrust-Fall gegen
Microsoft wird bereits deshalb in die
us-amerikanische Prozessgeschichte eingehen, weil in keinem anderen
größeren Verfahren in vergleichbarem Umfang elektronische Dokumente eingeführt wurden.
Zwar belasteten bereits in der berüchtigten Iran-Contra-Affäre der 80er-Jahre Emails
Oliver North schwer. Der New York Times [1] zufolge sollen aber in dem Prozess des
Softwareriesen aus Redmond einige Millionen Dokumente, überwiegend elektronische Briefe,
dem Gericht zur Einsicht vorgelegt und allein 3.000 Email-Beweisangebote unterbreitet
worden sein. |
Bill Gates, damaliger Chef von Microsoft, musste erleben, dass seine
Emails für die Ewigkeit geschrieben sind, gleichsam in Stein gemeißelt, unwiderruflich.
"Winning Internet browser share is a very, very important goal for us", lautet
einer seiner vergleichsweise moderaten, aber bezeichnenden digitalen Rohrpostbefehle. Mit
der unverhohlenen Kampfansage "Internet Explorer will be distributed every way we
can", mailte er sich dann allerdings bereits um Kopf und Kragen. Emails werden
bekanntlich schnell und flüchtig geschrieben, fragile Orthografie ist
Authentizitätsnachweis und noch schneller wird auf "Abschicken" geklickt.
Wiederholen ist gestohlen. Point of no return. Der guten alten Urkunde mit Signatur und
Siegellack laufen
elektronischen Dokumente längst den Rang ab. In den Siebziger- und
Achtzigerjahren herrschte noch der allmächtige Kopierer über den
Prozessstoff, mit dem die Gerichte unablässig gefüttert wurden. Ob
Geschäftsideen, Strategien, Kundenlisten - inzwischen werden dem
elektronischen Briefkasten wohl mehr Geheimnisse anvertraut als dem
Beichtvater.
Solche Landminen, die auch den Prozess gegen Microsoft munitionierten, müssen aber erst
gefunden werden. Allein ein halbes Dutzend Rechtsanwälte mühten sich im Browserkrieg
wochenlang ab, die unzähligen elektronischen Dokumente ausgedruckt für das Gericht
aufzubereiten. Inzwischen ist mit der Aktenkriegführung eine juristische
Zuliefererindustrie entstanden, die sich größter Prosperität erfreut. In den USA gibt
es eine wachsende Zahl von Unternehmen, die Anwälten bei der aufwändigen
Prozessvorbereitung helfen, den elektronischen Wildwuchs - insbesondere die mitunter so
explosiven Emails - zu sortieren, ins rechte Format zu bringen und schnell zu finden.
Wichtig ist die "chain of custody", also die zertifizierte Präsentation
in der Weise, dass die Authentizität des übermittelten Materials für
das Gericht plausibel wird. Die diversen Dokumenttypen werden
vereinheitlicht und dann zentral gespeichert. Unabdingbar ist es zudem, die Datenberge,
die ausgedruckt mitunter Wolkenkratzerhöhe erreichen könnten, durch "Filter"
laufen zu lassen, um Doubletten, die bei dem üblichen Forwarding oft in horrender Zahl
entstehen, zu eliminieren. Die Dokumente werden schließlich so organisiert, dass sie
differenzierten Suchanfragen zugänglich sind, um in der Stunde des
Gerichts sofort in "medias res" gehen zu können. Danach könnte der in
einer Zettelsammlung zur Pein des Mandanten wuselnde Anwalt, der
partout die erlösende Quittung nicht mehr finden kann, der
Vergangenheit angehören. Inzwischen werden selbst bei Weltunternehmen prozessuale
Datenrecherchen dieser Art, die zuvor ein Jahr in Anspruch nahmen, im Wochentakt erledigt.
Die expandierende Juradatenbranche verspricht aber nicht nur Anwälten das Leben leichter
zu machen, so dass sie wieder mehr denken und weniger sortieren dürfen. Auch die
Kostenersparnis für Klienten, die mit dem Anwalt-Taxometer leben müssen, ist ein
gewichtiges Argument für die digitale Aktenführung. In Amerika werden deutsche
Stundenhonorarspitzen von bis zu 800 oder mehr Mark lässig überschritten. Ohne Moos nix
los. Und leider existiert gegenwärtig noch keine smarte Software, die professionelle
Gerichtskorrespondenz direkt dem juristischen Sachverstand des PC anzuvertrauen. Noch
würden Computer nicht zur Arbeitsplatzbedrohung für Anwälte versichern Brancheninsider,
obwohl Klienten an der Vorstellung ein gefährliches Gefallen finden könnten. Anwälte
gelten als geldgierig - etwa nach jenem Witz: Ein Schiff hat Leck geschlagen und
fressgierige Haie umkreisen das sinkende Wrack. Ein Mann aber springt mutig von der Reling
und schwimmt unbehelligt von den Raubfischen ans rettende Ufer. "Wie ist das
möglich?" fragt einer der zaudernden Schiffbrüchigen. "Na ja, kollegiale
Solidarität! Er ist halt Anwalt" lautet die Antwort.
Zumindest also die teuren Stundensätze, die allein mit manuellen
Suchaktionen vertan werden oder mit Fotokopierkosten, die bei
ausgedehnten Verfahren locker fünfstellige Beträge erreichen, werden
sich mit einer intelligenteren elektronischen Datenverwaltung erheblich reduzieren.
Immerhin sind die neuen Programme in der Lage, Dokumente nach Datum, Verfasser, Thema und
Schlüsselbegriffen soweit aufzubereiten, dass die wertvolle Anwaltsintelligenz, aber eben
auch das Portefeuille der Klienten nicht über Gebühr strapaziert werden. Vielleicht
müsste sich also Bill Clinton jetzt nicht der Prozedur unterziehen, seine delikaten
Memoiren schreiben zu müssen, um seine Liebesabenteuer-Verteidiger überhaupt bezahlen zu
können.
In Amerika werden elektronische Dokumente von den Gerichten weitgehend akzeptiert.
Gleichwohl hat sich das noch nicht überall herumgesprochen. In einem Fall, in dem ein
Mitarbeiter von seinem früheren Arbeitgeber wegen seiner sexuellen Neigungen gemobbt
worden war, fand sich ein elektronisches Memo, das von einer Unternehmensmitarbeiterin
nicht vorgelegt wurde, weil es nicht in gedruckter Form existierte. Das Dokument enthielt
extrem homosexuellenfeindliche Anwürfe und entschied die Rechtslage umgehend.
Amerikanische "Lawfirms" warnen inzwischen Unternehmen davor, es zu tolerieren,
etwa locker laszive Witze elektronisch durch den Betrieb kreisen zu lassen. Das könnte im
klagefreudigen Amerika sensible Mitarbeiter auf die Idee bringen, wegen "sexually
hostile environment" dem Arbeitgeber eine Millionenklage zu präsentieren.
In einem Fall verklagte ein Unternehmen dagegen frühere Mitarbeiter,
die Geschäftsgeheimnisse missbraucht haben sollten. Zunächst sah es so aus, als wären
die Beweise längst im Datenäther unwiederbringlich
verpufft. Aber nachdem Computerspezialisten die Datenschleimspuren auf der Festplatte
rekonstruiert hatten, fanden sich verräterische Kopien über Geschäftsstrategien und
Kundenlisten. Auch das reichte dem erkennenden Gericht zur Überführung der Bösewichter.
Michael A. Epstein, Experte für Urheberrechtsfragen und E-Commerce der Jurafabrik
"Weil, Gotshal & Manges" in New York stellt erstaunt fest, dass es immer
noch ein verbreiteter Irrglaube sei, dass Daten leicht vom Rechner entfernt werden
könnten. Insbesondere für Emails gilt, dass sie häufig noch auf den Servern liegen und
der digitale Fluch der bösen Tat den Verfasser schließlich einholt.
In Deutschland können allerdings nur solche Dokumente als klassische
Beweismittel in den Prozess eingeführt werden, die dem Urkundenbegriff der
Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechen. Emails sind als Strengbeweismittel nach wie vor
unzulässig. Allerdings kann der Richter im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch solche
Inhalte prozessual berücksichtigen. In Verbindung mit anderen Beweismitteln und Indizien
ist also jede Partei gut beraten, auch elektronische Post vorzulegen, wenn's
"ihrer" Wahrheitsfindung dient. Bei anonymen Mail-Adressen werden aber
regelmäßig erhebliche Zweifel an der Authentizität der Urkunde bestehen. Auch
Signaturgesetz (SigG) und Signaturverordnung (SigV), die nur die technischen Anforderungen
an die digitale Signatur regeln, dürften den Beweiswert elektronischer Dokumente in
Zukunft verstärken. Zwar verwandeln sich mit der Signatur Mails gemäß dem Leitbild der
ZPO noch nicht in Urkunden, aber die Vermutung für die Authentizität von Autor und Inhalt
wird damit doch erheblich verbessert.
Auch in den USA ist die Authentisierung und Aufbereitung des Materials
durchaus noch nicht so eindeutig, dass jeder Richter den präsentierten
Datensammlungen uneingeschränkten Glauben schenkt. Die
Datensammel-Branche beklagt, dass Gerichte noch nicht besonders
kooperativ seien, wenn es um die Frage gehe, wie denn nun genau die
elektronischen Beweismittel authentisiert und vorgelegt werden sollen, damit der Richter
sie auch wirklich schmackhaft findet. Die Mentalität von Ärmelschonern und altvertrautem
Aktenstaub hält sich offensichtlich nicht nur in Deutschland hartnäckiger, als es
avancierte Methoden der Datenaufbereitung vermuten lassen könnten. In "Briefe in die
chinesische Vergangenheit" von Herbert Rosendorfer erklärte noch ein
gestresster Amtsrichter, dass er sich selbstverständlich nicht den
ganzen Papiermüll durchlese, der so täglich auf seiner Theke abgeladen
werde. Anderenfalls würde er doch gleich verrückt werden. Diese
entschuldbare Ignoranz könnte indes auch die neue elektronische
Datensammelwut ereilen, weil sich leider immer noch Menschen ohne
vollautomatische Scan-Funktion im Dschungel von Lügen und Wahrheiten zurecht finden
müssen.Goedart Palm
|
Probleme
der Beibehaltung
Grundsätzlich gilt allerdings beim
Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, dass die deutsche
Staatsangehörigkeit verloren geht (§§ 17 Nr. 2, 25 Abs. 1 StAG). Die
Entscheidung über den Antrag über die Beibehaltung der deutschen
Staatsangehörigkeit ist eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 25
Abs. 2 StAG voraussetzt, private und öffentliche Interessen abzuwägen.
Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland
hat, wird vor allem darauf abgestellt, ob er fortbestehende Bindungen an
Deutschland hat. Man sollte klar sehen, dass es im Blick auf die
Rechtsprechung und das (folgende) Gesetz keine Routine ist,
Mehrstaatigkeit zuzulassen, auch wenn gilt: Die Vermeidung oder
Beseitigung von Mehrstaatigkeit hat spätestens seit der Gesetzesänderung
keinen grundsätzlichen Vorrang mehr, vgl. BVerwG 2008. Vielmehr sind nach
dem Bundesverwaltungsgericht die privaten Interessen des Einzelnen an der
Begründung oder Beibehaltung einer doppelten oder mehrfachen Staatsangehörigkeit
prinzipiell gleichrangig mit dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung
von Mehrstaatigkeit abzuwägen.
Mehr dazu
>> |
Top
|
|