Da man
regelmäßig eine erhebliche Lebenszeit in mehr oder minder fremd
bestimmte Arbeit investieren muss, ist das Risiko von Schäden, die
während der Arbeit entstehen, statistisch sehr hoch. Würde dieses hohe
Risiko umstandslos auf Arbeitnehmer übergehen, könnte sich eine
Tätigkeit sehr schnell zu einer lebenslänglichen Haftungsfalle
entwickeln. Davor schützt die Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit
in erheblichem Ausmaß. Wer vorsätzlich Schaden anrichtet, der haftet
auch. Auch wer grob fahrlässig handelt, muss mit Haftungsrisiken leben.
Aber bereits die Frage, was denn grob fahrlässig ist, macht klar, dass
beim Haftungsmaßstab in Arbeitsverhältnissen schon bestimmte "Filter" zu Gunsten des
Arbeitnehmers angelegt werden. Die Verhaltensweisen des Arbeitnehmers
müssen tendenziell haarsträubend sein, sodass jeder objektive
Beobachter dieses Verhalten für nicht mehr nachvollziehbar hält.
Beispiel wäre etwa die Alkoholfahrt. Selbst wenn durch solche
Verhaltensweisen Schäden entstehen, heißt das aber auch noch nicht,
dass der Arbeitnehmer jeden Schaden tragen muss. Auch hier wird nach der
Verhältnismäßigkeit, nach Mitverursachungsmomenten etwa des schlecht
versicherten Arbeitnehmers etc., gefragt werden. Das beantwortet
selbstverständlich längst nicht alle Fragen, die im Zusammenhang mit
der Haftung von Arbeitnehmern auftreten können. |
Die Haftungsprivilegierung
des Arbeitnehmers verfolgt dagegen gerade das Ziel, ihn von
der beschriebenen Risikozurechnung des Schadens zu entlasten
(Staudinger/Richardi aaO § 611 Rn. 530). Dabei wird unter der Berücksichtigung
des Äquivalenzgedankens und des erforderlichen Existenzschutzes des
Arbeitnehmers eine Abstufung nach dem Verschulden vorgenommen. Die Gründe,
die eine privilegierte Haftung des Arbeitnehmers rechtfertigen, tragen
aber nicht nur eine Differenzierung des Verschuldensmaßstabes,
sondern darüber hinaus eine Erstreckung des Verschuldens auf den
Schaden (MünchKomm-Müller-Glöge aaO §611 Rn. 475). Die Enthaftung
des Arbeitnehmers geschieht nicht zuletzt deshalb, weil Schäden
infolge von Tätigkeiten entstehen können, deren Schadensrisiko so
hoch ist, dass der Arbeitnehmer typischerweise schon von seinem
Arbeitsentgelt her nicht in der Lage ist, Risikovorsorge zu betreiben
oder einen eingetretenen Schaden zu ersetzen. Hier drückt sich das zu
Lasten des Arbeitgebers in das Gewicht fallende Betriebsrisiko u.a. darin
aus, dass der im Schadensfall zu erwartende Vermögensverlust des
Arbeitgebers in einem groben Missverhältnis zu dem als Grundlage in
Betracht kommenden Arbeitslohn steht (BAG 12. Oktober 1989-8 AZR
276/88 -aaO, zu II2 b der Gründe).
Die bezweckte Entlastung von der
Risikozurechnung des Schadens wird aber nicht erreicht, wenn sich
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nur auf die Pflicht- bzw.
Schutzgesetzverletzung beziehen (Staudinger/Richardi aaO). Das
gilt insbesondere dann, wenn abstrakte Gefährdungsnormen übertreten
werden oder der Arbeitgeber anordnet, dass bereits abstrakte Gefahren
zu vermeiden sind. Hier wäre auf die Pflichtverletzung bezogen das
Verschuldensmaß der Haftungsprivilegierung bereits häufig erreicht,
obwohl hinsichtlich des daraus resultierenden Schadens unter Umständen
nicht einmal normale Fahrlässigkeit vorliegt. An den vorsätzlichen
Pflichtverstoß angeknüpft, wäre eine volle Haftung für alle Schäden
unausweichlich.
Ferner entspräche es nicht dem Schutzzweck
der Haftungsbeschränkung, wenn man es dem Arbeitgeber
weitgehend überließe, die Haftung des Arbeitnehmers dadurch zu
verschärfen, dass durch die Weisung bereits abstrakte Gefahren zu
vermeiden sind. Ein deshalb vom Arbeitgeber aufgestellter umfassender
Pflichtenkatalog zur Meidung von Gefahren widerspräche außerdem
letztlich auch dessen Interesse, denn ein solcher könnte bei den
Arbeitnehmern eine lähmende, einem effektiven Betriebsergebnis
entgegenstehende Vorsicht bewirken.
Dem allem kann nur begegnet werden,
wenn man nicht nur die Haftung des Arbeitnehmers beschränkt, sondern
auch das Verschulden auf den Schadenseintritt
bezieht.
Soweit dagegen eingewandt wird, die Kontrolle der Weisung gem.
§ 315 BGB
sowie eine Haftungsreduktion nach Billigkeitsgesichtspunkten und nicht
der Bezug des Verschuldens auf den Schadenseintritt sei der richtige
Weg, um den Arbeitnehmer zu schützen, vermag dies nicht zu überzeugen.
Einer unbilligen Verlagerung des Schadensrisikos ließe sich hierdurch
nicht beikommen, da Anweisungen des Arbeitgebers zur Meidung
abstrakter Gefahren in der Regel nicht gegen § 315 BGB verstoßen würden.
Eben so wenig greift das Argument, die überwiegende Lehre nehme dem
Arbeitgeber die Möglichkeit, zumindest in konkret begrenzten,
schadensträchtigen Bereichen jedenfalls vorsätzliche Verstöße
gegen seine Weisungen "bei Strafe" der vollen Haftung zu
unterbinden, sie werde damit dem Präventionszweck besonderer
Gefahrenvermeidungspflichten nicht gerecht (so Otto/Schwarze aaO Rn.
167). Denn soweit sich unter präventiven Gesichtspunkten ein
konkreter Handlungsbedarf ergeben sollte, könnte dem durch das
schuldrechtliche Institut der Vertragsstrafe Rechnung getragen werden.
Sinn und Zweck der beschränkten Arbeitnehmerhaftung gebieten es, das
hohe Risiko der Schadensentstehung bei betrieblichen Tätigkeiten dem
Schädiger nur dann aufzubürden, wenn er den Schaden selbst, also das
den Arbeitgeber finanziell belastende Ereignis vorsätzlich oder (mit
Einschränkungen) grob fahrlässig herbeigeführt hat. Der
Schädiger soll nur dann haften, wenn sein Verhalten gerade im
Hinblick auf die Herbeiführung des Schadens zu mißbilligen ist.
Der an ihn zu richtende Vorwurf ist nicht ausreichend, wenn sich die
Schuld nicht gerade auch auf den Eintritt des Schadens beziehen lässt
(vgl. auch BGH 20. November 1979 - VIZR 238/78 - BGHZ 75, 328 zur
Rechtslage nach den §§ 636, 637, 640 RVO aF). Das gilt auch dann,
wenn eine abstrakte Gefährdungsnorm bewusst übertreten wird.
Das Landesarbeitsgericht hat
ferner zutreffend angenommen, dass auch bei grober Fahrlässigkeit
eine Schadensteilung nicht ausgeschlossen ist (vgl. zuletzt Senat 15.
November 2001 -8 AZR 95/01- HZA 2002, 612; 12. Oktober 1989 -8AZR
276/88 - aaO, zu II 2 der Gründe; 23. Januar 1997 -8 AZR 893/95 -
A/ZA 1998, 140, 141). Ob die Restschuldbefreiung nach den §§286 ff.
InsO ein Vorbild für eine beschränkte Leistungspflicht sein könnte,
wie die Revision meint, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
Zwar handelt es sich um ein insolvenzverfahrensrechtliches Institut
mit materiellen Wirkungen, das einen Maßstab auch für die Beschränkung
der Arbeitnehmerhaftung schaffen könnte. Seine Grundsätze, nach
denen vom Schuldner die pfändbaren Einkommensbestandteile für die
Dauer von sieben Jahren abzuführen sind, könnten jedoch ohnehin nur
eine äußerste Leitlinie bilden. Auch der Senat hat bereits die Berücksichtigung
der Dauer der Schadenstilgung gebilligt und dabei einen Zeitraum von
bis zu fünf Jahren akzeptiert.
Wenn die Vorinstanzen diesem Gesichtspunkt bei der Bemessung der
Schadensquote keine Beachtung geschenkt haben, ist dies nicht
ermessensfehlerhaft. Wesentlich ist, dass die Höhe des Entgelts und
insbesondere der Grad des Verschuldens in die Beurteilung eingeflossen
sind (BAG 12. Oktober 1989 - 8 AZR 276/88 - aaO, zu II2 b der Gründe)..." |
Wichtige
Vorschrift aus dem Arbeitnehmerhaftung - demnächst mit
Rechtsprechungshinweisen
§ 105 SGB VII
Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger
Personen
(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit
einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs
verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen
nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens
nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf
einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt
haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die
für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1
versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt
entsprechend.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht
versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1
eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie
Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es
sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem
Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von
Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als
Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe
eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht |