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Aufgebotsverfahren
Aufgebotssachen
sind Verfahren, in denen das Gericht
öffentlich zur Anmeldung von
Ansprüchen oder Rechten auffordert, mit der Wirkung, dass die
Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat; sie finden
nur in den durch Gesetz bestimmten Fällen statt.
Der Erbe hat die Möglichkeit, sich dadurch zu informieren, ob und welche
Nachlassverbindlichkeiten bestehen und ob er ggf. ein
Nachlassverwaltungsverfahren oder die Nachlassinsolvenz einleiten sollte.
I.
Verfahren Allgemeines
Das erbrechtliche Aufgebotsverfahren ist ein Verfahren zur Feststellung der vorhandenen
Verbindlichkeiten und gewährt eine Einrede (§ 2015 BGB: Hat der Erbe den Antrag auf Einleitung des
Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres
nach
der Annahme der Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist
der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis
zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu
verweigern) während des laufenden
Verfahrens. Der Erbe kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren
ausgeschlossenen Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der
Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger
erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor
den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und
Auflagen zu befriedigen, es sei denn, dass der Gläubiger seine
Forderung erst nach der Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend
macht, sagt das Gesetz.
Ein Nachlassgläubiger, der
seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben
gegenüber geltend macht, steht einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich,
es sei denn, dass die Forderung dem Erben vor dem Ablauf der fünf Jahre
bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist. Der
Erbe hat jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten
aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu befriedigen, es
sei denn, dass der Gläubiger seine Forderung erst nach der Berichtigung
dieser Verbindlichkeiten geltend macht, so das Gesetz.
Einen Überschuss
hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der
Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der
noch vorhandenen Nachlassgegenstände durch Zahlung des Wertes abwenden.
Die rechtskräftige Verurteilung des Erben zur Befriedigung eines
ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie
die Befriedigung.
Das Aufgebotsverfahren gibt dem Erben Aufschluss darüber,
ob es sinnvoll ist, eine Nachlassverwaltung einzuleiten. Voraussetzung
für die Aufgebotseinrede des § 2015 BGB ist, dass der Erbe bei der Zivilabteilung des Amtsgerichtes
innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft ein Aufgebotsverfahren
beantragt hat. Das Verfahren war in §§ 946 ff. ZPO und ist jetzt
in §§ 433 ff. FamfG geregelt. Die besonderen Vorschriften wurden in §§ 454 ff FamfG
aufgenommen.
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II.
Zuständigkeit
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht,
dem die Angelegenheiten des Nachlassgerichts obliegen. Dem Antrag ist ein
Verzeichnis der bekannten Nachlassgläubiger mit Angabe ihres Wohnorts
beizufügen. Früher gab es einen Aufgebotstermin, heute ein
Anmeldeverfahren. Der Antrag ist ein Verzeichnis des Erben der bekannten
Nachlassgläubiger mit der jeweiligen Anschrift. Wenn der Erbe einen ihm
bekannten Gläubiger bei seiner Aufstellung vergisst und der Gläubiger
meldet sich deshalb nicht, haftet der Erbe, wenn er eine Pflichtverletzung
zu vertreten hat.
Frist:
Dieses Recht ist nicht befristet, doch wenn der Antrag ein Jahr nach der
Erbschaftsannahme erfolgt, kann sich der Antragsteller nicht auf die
aufschiebende Einrede des Aufgebotsverfahrens berufen.
Die Nachlassgläubiger werden
in diesem Rahmen öffentlich
aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer Frist von höchstens sechs
Monaten anzumelden. Mindestens soll die Frist nach § 437 FamFG sechs
Wochen betragen. Die öffentliche
Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Aushang
an der Gerichtstafel und durch einmalige Veröffentlichung
in dem elektronischen Bundesanzeiger, wenn nicht das Gesetz für den
betreffenden Fall eine abweichende Anordnung getroffen hat. Anstelle des
Aushangs an der Gerichtstafel kann die öffentliche Bekanntmachung in
einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgen, das
im Gericht öffentlich zugänglich ist.
Das Gericht kann anordnen, das Aufgebot zusätzlich auf andere Weise zu
veröffentlichen. In der Anmeldung einer Forderung sind der Gegenstand und
der Grund der Forderung anzugeben. Urkundliche Beweisstücke sind in
Urschrift oder in Abschrift beizufügen. Eine Anmeldung, die nach dem
Anmeldezeitpunkt, jedoch vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses
erfolgt, ist als rechtzeitig anzusehen.
III.
Ausschließungsbeschluss
Nach dem Ablauf der Frist
kommt es zu einem Ausschließungsbeschluss, den
der Rechtspfleger erlässt. Nachlassgläubiger, die ihre Forderung nicht angemeldet haben,
können auf diesen Nachlassüberschuss verwiesen werden. Das ist die
Haftungsmasse, die übrig bleibt, wenn die Gläubiger, die ihre Forderungen
angemeldet haben, befriedigt worden sind. Dasselbe gilt für
Nachlassgläubiger, die ihre Forderungen erst fünf Jahre nach dem Erbfall geltend
machen.
IV.
Kosten
Die Kosten trägt der Antragsteller. Diese Kosten sind
Nachlassverbindlichkeiten. Nach der Kostenordnung wird für das
Aufgebotsverfahren das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Bei 100.000
Euro beträgt zum Beispiel eine Gebühr 207 Euro, bei 200.000 Euro sind es
357 Euro. Bitte überprüfen Sie im Bedarfsfall die aktuellen Werte.
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V. Antrag
Der Antrag an das Nachlassgericht
erläutert die Erbschaftssituation, die Angabe über das Testament nebst
Aktenzeichen, die Erbenstellung sowie den Erbschein. Dann folgt der Antrag
die die Nachlassgläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung
ihrer Forderungen aufzufordern und den Erlass des
Ausschließungsbeschlusses. Weiterhin überreicht man ein Verzeichnis der
dem Erben bekannten Nachlassgläubiger mit Angabe des Wohnorts und gibt
zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung ab. |
§
2061 BGB
Aufgebot der Nachlassgläubiger
(1) Jeder Miterbe kann die Nachlassgläubiger öffentlich
auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem
Nachlassgericht anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach
der Teilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbteil entsprechenden Teil
einer Forderung, soweit nicht vor dem Ablauf der Frist die Anmeldung
erfolgt oder die Forderung ihm zur Zeit der Teilung bekannt ist.
(2) Die Aufforderung ist durch den Bundesanzeiger und
durch das für die Bekanntmachungen des Nachlassgerichts bestimmte Blatt
zu veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die
Kosten fallen dem Erben zur Last, der die Aufforderung erlässt.
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Dieses Verfahren ist insbesondere für den Fall
geeignet,
dass sich bei dem Erben nach und nach immer mehr Gläubiger melden und die
Vermutung besteht, dass es noch weitere Gläubiger geben könnte. Um diese Frage zu
klären, können Erbe, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter beim Nachlassgericht die Durchführung des
Aufgebotsverfahrens beantragen, um die Risiken zu minimieren,
dass noch unerwartete Forderungen auftauchen. Es ist wohl ein Verfahren,
das in der Praxis deshalb nicht so häufig anzutreffen ist, weil Erben die
Erbschaft ggf. direkt ausschlagen oder nach Annahme bzw. Annahmefiktion
anfechten, ein Insolvenzverfahren einleiten oder die Dürftigkeitseinrede
(siehe unten) erheben. Allerdings ist gerade bei Miterbengemeinschaften
die Bedeutung des Verfahrens nicht abzustreiten. Wenn der Nachlass geteilt
ist und in fünf Jahren seit dem Erbfall neue, unvorhersehbare Schulden
auftauchen, besteht das Risiko der Haftung für die Erben mit dem
Privatvermögen. Bis zur Teilung des Nachlasses kann dagegen jeder Miterbe
die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er
außer seinem Anteil an dem Nachlass hat, verweigern. Die
Kosten des
Aufgebotsverfahrens können hinsichtlich der Gerichtskosten ohne weiteres
1.000 € betragen, da etwa Veröffentlichungen des Aufgebots in der Presse zu
zahlen sind. Im Übrigen sind auch nicht unerhebliche Anwaltskosten zu berücksichtigen. In
der Praxis ist das arbeitsintensive Verfahren wohl eher unbeliebt. Wir
weisen aber ausdrücklich auf die Möglichkeit des Aufgebotsverfahrens gemäß
§§ 1970 ff., 2060 Nr. 1 BGB und nach § 2061 BGB
hin, weil es für Erben ungünstige Fallkonstellationen gibt, die durch
dieses Verfahren ausgeschlossen werden können. |
Gesetzestext:
§
2015 BGB
Einrede des Aufgebotsverfahrens
(1) Hat der Erbe den Antrag auf Erlassung des Aufgebots
der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der
Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe
berechtigt, die Berichtigung einer Nachlassverbindlichkeit bis zur
Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
(2) Der Beendigung des Aufgebotsverfahrens steht es
gleich, wenn der Erbe in dem Aufgebotstermin nicht erschienen ist und
nicht binnen zwei Wochen die Bestimmung eines neuen Termins beantragt oder
wenn er auch in dem neuen Termin nicht erscheint.
(3) Wird das Ausschlussurteil erlassen oder der Antrag
auf Erlassung des Urteils zurückgewiesen, so ist das Verfahren nicht vor
dem Ablauf einer mit der Verkündung der Entscheidung beginnenden Frist
von zwei Wochen und nicht vor der Erledigung einer rechtzeitig eingelegten
Beschwerde als beendigt anzusehen.
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