Auffallend
ist die Diskrepanz zwischen der Mobbing-Diskussion in der Öffentlichkeit
und der Verhaltenheit der Gerichte, Entscheidungen zu treffen, die
diesen Missstand auch zum Ausdruck bringen. Gerichte sind fraglos
nicht beauftragt, der öffentlichen Meinung zum Ausdruck zu verhelfen.
Aber wieso beklagen sich zahllose Arbeitnehmer über Mobbing und die
Arbeitsgerichte haben diesen Begriff so restriktiv angelegt, dass die
Zahl erfolgreicher Klagen überschaubar bleibt.
Definitiv ist Mobbing
kein Rechtsbegriff, aber es geht um empfindliche Vertragsstörungen
und Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die nicht der Medizin,
Psychologie oder gar Psychiatrie übergeben werden können. Näher
betrachtet begründet „Mobbing“ ein Zuständigkeitsproblem der
Gesellschaft. Zwar hat man einige Ursachen des Phänomens erkannt,
aber ist längst nicht in der Lage, wirklich effiziente Problemlösungsverfahren
zu entwickeln. Die „rules of conduct“ oder „compliance guides“,
die Mobbing-Beauftragten und Mobbing-Konferenzen erscheinen
erstaunlich hilflos, wie Selbstberuhigungen des Unternehmens, dass
personale Probleme grundsätzlich lösbar sind – so wie
wirtschaftliche Aufgaben auch nicht als nicht planbar gelten dürfen.
Unternehmen haben ein rationales Ethos, Mobbing ist dagegen
raffinierter angelegt: Unter der Maske rationalen Umgangs werden
irrationale Antriebe getarnt. Es geht um Aggression, die sich als
Kommunikation darstellt. Für Juristen bleibt das schwer erkennbar,
weil die grundlegende Struktur im Recht irrationale Momente eher nicht
zulässt. Neurosen, Psychosen etc. finden hier keine Zuständigkeit,
sondern werden – wenn überhaupt – verwaltet. Insofern sind
arbeitsgerichtliche Überprüfungen fragile Instrumente der
Problembehandlung. Bessere Arbeitsbedingungen wären nur dann zu gewährleisten,
wenn die gesellschaftliche Wahrnehmung innerhalb und außerhalb der
Unternehmen besser würde. Die „Mobber“ sind nicht lediglich
psychologisch leicht durchschaubare Persönlichkeitstypen, sondern so
wie Gelegenheit Diebe macht, sind sie abhängig von konkreten Umständen
der Betriebsorganisation und –kommunikation.
Mobber tauchen in
Unternehmen vor allem da auf, wo ihre Praktiken der Beobachtung
entzogen sind, weil Kontrollorgane fehlen oder die Mobbing-Techniken
gut getarnt werden. Arbeitgeber wollen keinen Ärger, weil er
kontraproduktiv für die Unternehmenszwecke ist. Nur steckt hier eine
schwierige Ambivalenz, weil die Schwierigkeiten, die das Mobbing
macht, geringer sein können als die Problemlösungen, insbesondere
wenn über diesen Verfahren das Damoklesschwert einer
arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung schwebt.
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