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§
1579 BGB
§
1573 BGB
Beschränkung
oder
Wegfall der Verpflichtung
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Unterhalt
zahlt man selten gerne. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen der
Noch-Ehemann oder die Noch-Ehefrau scheinbar überhöhte Forderungen
stellen. Mitunter entsteht der Eindruck, man werde nur noch
"abgezockt", der andere Ehepartner habe von Anfang vorgehabt,
einen zu verlassen etc. Auch in Fällen, in denen der Erhalt einer
Aufenthaltserlaubnis und die konkrete Dauer einer Ehezeit miteinander
verknüpft sind, können Zweifel entstehen lassen, ob hier alles mit
rechten Dingen zuging.
Paradigmatisch hat zu dieser Frage mal das
OLG Düsseldorf Ende 2005 Stellung genommen: Für eine
zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs gibt nicht
der formale Gesichtspunkt der Ehedauer den Ausschlag, sondern
es ist in jedem Einzelfall zu prüfen,
ob und inwieweit die wirtschaftlichen und insbesondere die beruflichen
Dispositionen der Eheleute miteinander verflochten und mithin ehebedingt
sind, und im Hinblick auf die Dauer der Verpflichtung eine
Unterhaltsgrenze geschaffen werden muss. Je weniger eine wirtschaftliche
Verflechtung beider Ehepartner und das schützenswerte
Bedürfnis eines Ehepartners nach Absicherung durch den Unterhalt
festzustellen ist, desto weniger kommt der Ehedauer Gewicht zu. Die
Voraussetzungen einer zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs hatte
das Gericht gesehen, wenn die Ehefrau die
lange Trennungszeit von ca. 7 Jahren dazu genutzt hat, eine eigene
vollschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die sie zusammen mit einer
zu erwartenden nicht unerheblichen Altersvorsorge aus dem
Versorgungsausgleich in die Lage versetzt, selber dauerhaft ihren
angemessenen Lebensstandard zu erwirtschaften.
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Gesetz und Rechtsprechung berücksichtigen unter
engen Voraussetzungen, die in der Folge dargestellt werden, solche
Gründe, wenn sie denn nachweisbar sind.
Der Verwirkungsgrund einer
kurzen Ehe kann dann, wenn in der Ehe keine wechselseitigen Abhängigkeiten
begründet worden sind, die Bedürftigkeit nicht ehebedingt ist und
weitere, den Unterhaltsverpflichteten besonders belastende Elemente
hinzutreten, die Gewährung von nachehelichem Unterhalt als grob unbillig
im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB erscheinen lassen, stellte das Oberlandesgericht
Brandenburg in einem Beschluss
vom 11. Juli 2003 (Az: 9 UF 47/03) fest. |
Amts- und Landgericht
Köln
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Gesetzestext:
§ 1579
Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder
zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung
der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten
gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
1. |
die
Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher
der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach §
1570 Unterhalt verlangen konnte, |
2. |
der Berechtigte sich
eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten
oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, |
3. |
der Berechtigte
seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, |
4. |
der Berechtigte sich
über schwerwiegende Vermögensinteressen
des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, |
5. |
der Berechtigte vor
der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen,
gröblich verletzt hat, |
6. |
dem Berechtigten ein
offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten
gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder |
7. |
ein anderer Grund
vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe. |
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Vgl. etwa BGH
- 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97: Von einer entsprechenden ehelichen und
unterhaltsrechtlichen Situation kann allerdings im allgemeinen erst nach
einer gewissen Ehedauer ausgegangen werden. Dabei lassen sich für die Bemessung
dieser Ehedauer im Grunde keine festen
abstrakten Maßstäbe anlegen. Gleichwohl hat der Senat im
Interesse der praktischen Handhabung des § 1579 Nr. 1 BGB die zeitlichen
Bereiche, innerhalb derer eine Ehe in der Regel von kurzer oder nicht mehr
von kurzer Dauer ist, dahin konkretisiert, dass eine nicht mehr als zwei
Jahre betragende Ehedauer in der Regel als kurz, eine solche von mehr als
drei Jahren hingegen nicht mehr als kurz zu bezeichnen sei. Hierbei hat
der Senat jedoch ausdrücklich betont, dass dieser Grundsatz nur für den
Regelfall gelten solle und Ausnahmen nicht ausschließe, sofern sie wegen
besonderer Umstände eines Einzelfalls eine andere Beurteilung der kurzen
Ehedauer gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB geboten erscheinen ließen.
Daran ist festzuhalten. Die Voraussetzungen für die Annahme einer kurzen
Ehedauer und damit die Möglichkeit zur Herabsetzung oder Begrenzung des
Unterhalts nach § 1579 Nr. 1 BGB generell auszuweiten, erscheint umso
weniger veranlasst, als das Gesetz inzwischen durch die Einführung der
§§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB weitere Möglichkeiten der
Unterhaltsbegrenzung geschaffen hat, bei der die Dauer der Ehe berücksichtigt
werden kann. |
§
1573 BGB Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den
§§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange
und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu
finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum
vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits
einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den
Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt
verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§
1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser
Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die
Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm
trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die
Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm
gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den
Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen
Unterhalt verlangen.
(5) Die Unterhaltsansprüche nach Absatz 1 bis 4 können zeitlich begrenzt
werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe
sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein
zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der
Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein
gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut.
Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich.
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Da § 1573 Abs. 5 BGB keine
anspruchsbegründende Norm ist, sondern als unterhaltsbegrenzende
Norm Ausnahmecharakter hat, trifft die Darlegungs- und
Beweislast für die Tatsachen, die für ihre Anwendung sprechen, nach
allgemeinen Beweislastregeln grundsätzlich den Unterhaltsverpflichteten,
der auch die Umstände darlegen und notfalls beweisen muss, die für eine
möglichst kurze Übergangsfrist sprechen. Ihm wird die Beweisführung
allerdings in der Regel dadurch erleichtert, dass der Berechtigte im
Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 1 BGB oder nach Abs. 2
der Vorschrift bereits seinerseits die Umstände vorbringen und
gegebenenfalls beweisen muss, die für seine Bedürftigkeit ursächlich
sind, so zum Beispiel, dass er eine innegehabte Arbeitsstelle verloren
habe und keine angemessene Erwerbstätigkeit finde oder dass seine Einkünfte
aus einer ausgeübten angemessenen Erwerbstätigkeit gleichwohl nicht zu
seinem vollen Unterhalt ausreichten. Sind indessen nach den objektiv
nachprüfbaren Gegebenheiten in Verbindung mit dem Vortrag der Parteien
die für eine Anwendung des § 1573 Abs. 5 BGB sprechenden Billigkeitsgründe
dargetan, so trägt wiederum der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und
Beweislast für die Umstände, die im Rahmen der zu treffenden
Billigkeitsabwägung zu seinen Gunsten, also gegen eine zeitliche
Begrenzung seines Unterhaltsanspruchs oder zumindest für eine längere
"Schonfrist" sprechen - Vgl. etwa BGH - 28. März 1990 - XII ZR
64/89. |
Neuer
Freund - Neue Freundin - Neue Beziehung - Seitensprung Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshof kann ein länger dauerndes Verhältnis des
Unterhaltsberechtigten zu einem neuen Partner dann zur Annahme eines Härtegrundes
im Sinne des Auffangtatbestandes des § 1579 Nr. 7 BGB - mit der Folge der
Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung für
den Verpflichteten - führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße
verfestigt hat, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und
gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist (BGH - 24. Oktober 2001 - XII ZR 284/99).
So führt das Kammergericht Berlin
in einer Entscheidung aus dem Jahre 1997 (18 UF 5265/96) aus:
1. Einer getrenntlebenden Ehefrau ist ein Unterhaltsanspruch gegen den
Ehemann nicht bereits deshalb gemäß BGB § 1579 Nr. 6 zu versagen, weil
sie vorübergehend eine Beziehung zu einem anderen Mann aufgenommen hat.
Dies kann nur dann ein Fehlverhalten im Sinne der genannten Bestimmung
darstellen, wenn die außereheliche Beziehung noch während intakter Ehe
aufgenommen wurde.
2. Betreut der unterhaltspflichtige Ehemann neben seiner Berufstätigkeit
ein in seinem Haushalt lebendes gemeinsames Kind der Parteien und hat die
unterhaltsberechtigte Ehefrau keinen Kindesunterhalt gezahlt, müssen dem
Ehemann die von ihm erbrachten Barunterhaltsleistungen
als sogenannter
Betreuungsbonus gutgebracht werden. Würde der Ehemann nach seinen
Einkommensverhältnissen nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle 790 DM
monatlichen Kindesunterhalt schulden, werden mit einem Betreuungsbonus in
Höhe von 400 DM die mit den Betreuungsleistungen verbundenen erhöhten
Belastungen des Ehemannes neben dessen Berufstätigkeit aufgefangen.
3. Beruft sich der Ehemann gegenüber dem Anspruch auf
Trennungsunterhalt auf Leistungsunfähigkeit infolge der
zwischenzeitlichen Aufgabe seiner Arbeitsstelle, ist zur Entscheidung der
Frage, ob die Geltendmachung der Leistungsunfähigkeit gegen Treu und
Glauben verstößt, das Grundrecht des Unterhaltsschuldners auf freie
Arbeitsplatzwahl gegen die Belange der unterhaltsberechtigten Ehefrau
abzuwägen. Wenn deren Unterhaltsanspruch nut auf die Erhaltung des durch
die Ehe geprägten Lebensstandards abzielt und sie auf Unterhalt nicht
angewiesen ist, weil sie über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt,
kann dem Ehemann nicht der Vorwurf treuewidrigen Verhaltens gemacht
werden, sofern er jedenfalls bei Aufgabe seines gesicherten Arbeitsplatzes
nicht mutwillig gehandelt hat.
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Verbrechen oder schwere vorsätzliche Vergehen im Sinne des
Gesetzes
sind selbstverständlich solche im Sinne des Strafgesetzes.
Kurzum: Kleinigkeiten führen nicht zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs. Selbst leichte
Vergehen werden von den Gerichten nicht als ausreichend erachtet, den Unterhalt zu
versagen. Die Tat muss sich gegen den Unterhaltsverpflichteten oder nahe Angehörige
richten.
Einige Beispiele
-
Diebstahl - aber kein Bagatelldiebstahl, vgl. OLG Hamm,
FamRZ 1994, S. 168)
-
Prozessbetrug im Unterhaltsverfahren durch Verschweigen
eigener Einkünfte reicht nach BGH FamRZ 1997, S. 483 aus.
-
Bewusst falsche Angaben zum Zusammenleben mit einem neuen
Partner werden vom OLG Hamm, FamRZ 1997, S. 1337 als Grund im Sinne des Gesetzes
angesehen.
-
Sexuelle Vergehen vgl. auch insoweit OLG Hamm, FamRZ 1990,
S. 887.
-
Was gilt für schwere vorgesetzte Beleidigungen und
Verleumdungen? Solche Akte müssen mit nachteiligen Konsequenzen für die persönliche und
berufliche Entfaltung sowie die Stellung des Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit
verbunden sein (BGH, NJW 1982, S. 100). Das Anschwärzen des
Unterhaltspflichtigen beim Arbeitgeber ohne konkrete Anhaltspunkte
rechtfertigt bei einer erwerbsunfähigen Unterhaltsberechtigten die
Herabsetzung des Unterhalts auf den Mindestbedarf zuzüglich
Krankheitsvorsorgekosten (OLG Koblenz 1. Juli 1996 -13 UF 70/95).
-
Bei Körperverletzungen und Beleidigungen
muss es sich allerdings um solche Auswüchse handeln, die das übliche Maß von
Eheauseinandersetzungen überschreiten und zu denen der Unterhaltspflichtige keinerlei
Veranlassung gegeben hat, sie also nicht provoziert hat. Das mag von Gericht zu Gericht
unterschiedlich gewertet werden. Soweit sich solche Äußerungen gerade auf die
Ehewidrigkeit beziehen, werden sie regelmäßig kaum geeignet sein, den Unterhalt
auszuschließen. Es darf keinesfalls zu einer Wiedereinführung des Verschuldensprinzips
führen.
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Weitere
Rechtsprechung
SchlHOLG, Urt. v. 31.8.2000 13 UF 166/99 zur
Verwirkung des Unterhaltsanspruchs aufgrund Verleumdung: Falsche Verdachtsäußerungen und
Behauptungen betreffend den sexuellen Missbrauch eines gemeinsamen Kindes können zur
Herabsetzung des Unterhaltsanspruches führen. Der Unterhaltsberechtigte, der einen
Verwirkungstatbestand des § 1579 BGB erfüllt hat, ist in gesteigertem Maße
verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
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Ein weiteres aktuelles Beispiel aus
der Rechtsprechung zum Thema "körperliche Angriffe" auf den
Unterhaltsgläubiger:
Bundesgerichtshof
- Urt. vom 12. 11. 2003 - XII ZR 109/ 01: Zu den besonderen Voraussetzungen, unter denen ein
Unterhaltsschuldner, der ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen gegen den
Unterhaltsgläubiger begeht, nach § 1579 Nr. 2 BGB auch einen Anspruch auf
rückständigen Unterhalt verwirkt.
Zur auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum
beschränkten Revisionszulassung (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII
ZR 92/ 01 - FamRZ 2003, 590).
Aus den Gründen:
Der schwerwiegende Angriff des Klägers gegen die körperliche Unversehrtheit der
Beklagten erfülle den Tatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB. Er führe zum
Ausschluss
etwaiger Trennungsunterhaltsansprüche des Klägers; denn es sei der Beklagten nicht
zuzumuten, an den Kläger trotz dessen Verhaltens ihr gegenüber Unterhaltsleistungen zu
erbringen. Dies gelte auch für die Zeit vor dem tätlichen Angriff. In der Regel trete
eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen wegen schwerer Vergehen oder Verbrechen gegen
den Unterhaltsverpflichteten zwar nur für die Zukunft ein und lasse zum Zeitpunkt der
Verfehlung bereits entstandene Unterhaltsansprüche unberührt. Es bestehe nämlich
grundsätzlich kein Anlass, den mit Unterhaltszahlungen in Verzug geratenen
Unterhaltspflichtigen zu begünstigen, weil ein späteres Ereignis ihn von der
Unterhaltspflicht befreie. Allerdings seien Ausnahmefälle denkbar, in denen die
Verfehlung des Berechtigten so schwerwiegend sei, dass die Inanspruchnahme des
Verpflichteten auch wegen bereits entstandener Unterhaltsansprüche unzumutbar erscheinen
müsse.
Ein solcher Ausnahmefall
liege hier vor: Der Kläger habe die Tat von langer Hand vorbereitet und
in dem Bewusstsein geplant, dass die beiden Kinder das Geschehen miterleben würden. Die
Tatausführung sei zudem geeignet gewesen, der Beklagten wesentlich ernsthaftere
Verletzungen zuzufügen als sie letztlich aufgrund der Flucht der Beklagten vermieden
werden konnten. Schließlich sei zu bedenken, dass die Beklagte einen etwaigen
Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit vor dem tätlichen Angriff zumindest
teilweise dadurch erfüllt habe, dass sie den Mietzins für die vormalige Ehewohnung auch
noch nach ihrem Auszug an die Vermieter entrichtet und damit zumindest den Wohnbedarf des
Klägers bis zu dessen Auszug aus dieser Wohnung im Mai 1999 gedeckt habe. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. |
Vgl. zu einer Argumentation des OLG Celle
zum Unterhalt eines volljährigen Kindes, das sich eine Verfehlung
gemäß § 1611 BGB zuschulden kommen lässt, (04. Juli 2001
- 21 UF 27/01), die hier zusammengefasst wird.
Zunächst führt das Oberlandesgericht
zur bisherigen Rechtsprechung aus: "...In der Rechtsprechung werden zu der Frage, ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die fehlende Bereitschaft
eines volljährigen Kindes zum persönlichen Kontakt mit dem auf Unterhalt
in Anspruch genommenen Elternteil eine schwere Verfehlung im Sinne des §
1611 Abs. 1 BGB darstellen kann, unterschiedliche Auffassungen vertreten
(vgl. BGH FamRZ 1995, S. 475, 476 m. w. N.). Nach einer Entscheidung des
OLG Frankfurt (FamRZ 1990, S. 789) soll bereits die Haltung eines volljährigen
Kindes, das bewusst jeden Kontakt mit dem unterhaltspflichtigen Verwandten
meidet, einer vorsätzlichen schweren Verfehlung gleichkommen und zur
Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen können, wenn der
Unterhaltspflichtige für den Bruch der Beziehung nicht die alleinige
Verantwortung trage und seinerseits zur Anknüpfung persönlicher
Beziehungen bereit sei (Ähnlich OLG Bamberg, FamRZ 1992, S. 719; OLG
Bamberg, FamRZ 1991, S. 1476). Demgegenüber hat das OLG München (FamRZ
1992, S. 595) ausgeführt, im allgemeinen stelle die mangelnde
Bereitschaft eines volljährigen Kindes zum persönlichen Umgang mit dem
Unterhaltspflichtigen keine schwere Verfehlung dar, und eine Verwirkung
des Unterhalts komme nur bei Hinzutreten weiterer Umstände in
Betracht."
Wie sieht es nun das
OLG Celle?
"Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit der oben zitierten
Entscheidung des OLG Frankfurt die Auffassung, dass bereits die hartnäckige
Verweigerung des persönlichen Kontakts unter den dort genannten
Voraussetzungen als schwere Verfehlung i. S. des § 1611 Abs. 1 BGB zu
werten sein kann; letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn
im vorliegenden Fall kommen zu der Kontaktverweigerung als solcher noch
weitere Gegebenheiten hinzu, die bei der vorzunehmenden Abwägung aller maßgeblichen
Umstände unter Einbeziehung des Verhaltens des unterhaltspflichtigen
Elternteils (Vgl. BGH FamRZ 1995, S. 475, 476) die Annahme einer vorsätzlichen
schweren Verfehlung der Klägerin begründen."
Letztlich spielen hier
zahlreiche Einzelfallumstände eine Rolle, die dazu führen:
"Diese Art des
Auftretens der Klägerin gegenüber der Beklagten zusammen mit der auch im
Verhandlungstermin vor dem Senat gezeigten unversöhnlichen Haltung der Klägerin
in Bezug auf die Wiederanbahnung persönlichen Kontakts belegt einen ganz
erheblichen Mangel der Klägerin an verwandtschaftlicher Gesinnung und
menschlicher Rücksichtnahme ihrer Mutter gegenüber und geht nach Ansicht
des Senats deutlich über das Maß dessen hinaus, was der
unterhaltsverpflichtete Elternteil möglicherweise noch als distanziertes
Verhalten des volljährigen Kindes hinnehmen muss." ... "Es
ist auch bei Zugrundelegung der von der Klägerin angeführten Gründe für
den Senat nicht verständlich, weshalb die Klägerin den Versuch der
Beklagten zur Wiederherstellung des Kontaktes derart heftig zurückweist.
Soweit die Klägerin anführt, die Beklagte mische sich in ihre
Angelegenheiten ein, wird nicht näher dargelegt, um welche Art von
Einmischung es sich handeln soll und warum die Klägerin diese nicht im
Rahmen des Eltern-Kind-Verhältnisses unter Beachtung des Gebotes der Rücksichtnahme
(§ 1618 a BGB) akzeptieren kann." Das
OLG hat dann einen der Billigkeit entsprechenden Unterhaltsbetrag
festgesetzt. Letztlich darf man von dieser Rechtsprechung keine
Unterhaltsberechnungen erwarten, die auf jeden Fall übertragbar sind. Es
ist immer zu berücksichtigen, dass es sich um Ausnahmekonstellationen
handelt. Gewisse Spannungen zwischen unterhaltspflichtigen Verwandten sind
keine Seltenheit und lassen sich nicht ohne weiteres in eine
Unterhaltsreduktion verwandeln. |
Oberlandesgericht Celle |
Vielleicht
mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und
Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere
die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler
Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen
zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen.
Wir vertreten seit
Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen
Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen,
Trennung, Lebenspartnerschaften,
Lebensgemeinschaften, Härtefall,
Unterhalt nebst Auskunftsanspruch,
Versorgungsausgleich, Sorgerecht,
Umgangsregelungen, Zugewinn,
Schulden, Hausrat, Zuweisung
der Ehewohnung, Grundstücke, Scheinehe,
Eheaufhebung.
Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen
Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen
oder türkischen (Speziell
zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen
zu klären waren, haben wir untersucht.
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